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Jetzt wehrt er sich: Limburgs zum Rücktritt gedrängter Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

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Franz-Peter Tebartz-van Elst: Die Haarspalterei des Limburger Ex-Bischofs

Erst beurlaubt, dann von Papst Franziskus persönlich zum Rücktritt gedrängt. Doch Limburgs ehemaliger Bischof Franz-Peter-Tebartz-van-Elst ist alles andere als bußbereit. In einer Stellungnahme weist er jegliche Verantwortung für die Skandale von sich.

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst gibt nicht auf. Am Mittwochabend verschickte er eine vierseitige Stellungnahme, in der er Vorwürfen der kirchlichen Prüfkommission zu den Vorgängen im Bistum Limburg widerspricht. Die Stellungnahme liegt dem Tagesspiegel vor. Darin weist er die „Letztverantwortung“ für die Bau- und Verwaltungsmaßnahmen bei der Errichtung der neuen Bischofsresidenz von sich, schiebt Schuld auf seinen früheren Generalvikar Franz Kaspar ab und tritt dem Vorwurf entgegen, er habe den von Papst Franziskus im September nach Limburg geschickten Kardinal Lajolo angelogen. Die Bischofskonferenz, die den 108-seitigen Prüfbericht im Oktober in Auftrag gegeben und eine Untersuchungskommission eingesetzt hatte, äußerte sich bislang nicht zu Tebartz’ Stellungnahme.

Was den Vorwurf der Lüge gegenüber Kardinal Lajolo angeht, liest sich Tebartz’ Stellungnahme allerdings wie Haarspalterei. Der kirchliche Prüfbericht listet detailliert auf, dass der Bischof während der gesamten Bauphase immer wieder auf die Kostensteigerungen hingewiesen wurde – auch wenn er sich „für die Herkunft der Mittel für seine Projekte nicht interessiert“ habe. Auch am 22. August 2013 sei er darauf hingewiesen worden.

Die kirchlichen Ermittler belasten Franz-Peter-Tebartz-van-Elst

Nach Angabe der Beteiligten habe an diesem Tag der Diözesanbaumeister zunächst in einem Vorgespräch dem Bischof, dem Generalvikar und dem Geschäftsführer des Bischöflichen Stuhls und anschließend in einer nicht protokollierten Verwaltungsratssitzung allen Mitgliedern eine „Tischvorlage zur Verfügung gestellt, in der der Kostenstand auf 29, 2 Millionen Euro und die Kostenprognose auf 31, 5 Millionen Euro“ beziffert wurde.

„Der Bischof habe am Schluss der Verwaltungsratssitzung eindringlich gebeten, dass diese Zahlen keinesfalls öffentlich genannt werden dürfen“, heißt es in dem Prüfbericht. Am 28. August gab es eine weitere Sitzung des Vermögensverwaltungsrates, der die Geschäfte des Heiligen Stuhls überwachen sollte. Über diese Sitzung wurde ein Protokoll angefertigt mit der Kostenprognose 31, 5 Millionen Euro. Am 11. September hat der Bischof dieses Protokoll unterzeichnet.

Die kirchlichen Ermittler kommen zum Ergebnis: „Diese Informationen vom 22. und 28. August stehen nicht im Einklang mit den später bei anderen Gelegenheiten gemachten Äußerungen des Bischofs, nach denen er erst am 7. Oktober über die Gesamtkosten informiert worden sei“.

Tebartz-van-Elst weist die "Letztverantwortung" von sich

Da er mit Kardinal Lajolo am 10. September gesprochen habe, könne die Unterzeichnung des Protokolls einen Tag später „nicht als Beleg für meine Kenntnis der differenzierten Gesamtbaukostensumme angeführt werden“, schreibt Tebartz-van Elst in seiner Stellungnahme von Mittwochabend. An der Sitzung des Vermögensverwaltungsrates am 28. August habe er nicht teilgenommen, da sei er in Rom gewesen. Dass er bei der Sitzung dabei war, deren Protokoll er später abzeichnete, behauptet der Prüfbericht auch gar nicht. Aber dass er am 22. August anwesend war. Auf den 22. August geht der Bischof allerdings gar nicht ein.

Dass Tebartz-van Elst die „Letzverantwortung“ für all die Bau- und Verwaltungsmaßnahmen zurückweist, berührt die alte Frage: Inwieweit ist der Chef einer Institution verantwortlich, selbst wenn Mitarbeiter etwas falsch gemacht haben? Das Kirchenrecht ist eindeutig: „Der Diözesanbischof vertritt die Diözese wie auch den Bischöflichen Stuhl als eigene Körperschaften in allen Rechtsgeschäften. Das heißt ihm kommt nach dem Gesetz die Letztverantwortung für die Vermögensverwaltung zu. Zu seinen Pflichten als Diözesanbischof gehört es, darauf zu achten, dass sich kein Missbrauch in die kirchliche Ordnung in Bezug auf die Vermögensverwaltung einschleicht“. So zitiert der Prüfbericht das kanonische Recht.

Tebartz-van Elst sieht das anders: Er verstehe die Letztverantwortung des Bischofs „seit jeher so, dass sie sich in der Nachfolge der Aposteln an den Herrn der Kirche richtet, nicht jedoch als Ausdruck einer verwaltungsmäßigen All- und Detailzuständigkeit.“ Er sei schließlich kein Verwaltungsfachmann, auch kein Bausachverständiger oder Buchhalter.

Tebartz-van Elst darf nicht zurück nach Limburg

Auf seinen dezidierten Wunsch hin wurde allerdings die Bauherrenschaft für die neue Bischofsresidenz aus dem Ordinariat heraus an den Bischöflichen Stuhl gezogen und die Geschäfte des Bischöflichen Stuhls nach und nach vom Finanzdezernat des Ordinariats abgeschottet. Nachdem schließlich auch die Buchhaltung des Bischöflichen Stuhls an eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgelagert wurde, hatte im Ordinariat keiner mehr einen Überblick über die wirtschaftliche Situation. Der Prüfbericht wirft ihm vor, all das gemacht zu haben, um die wahren Kosten vor den Gremien des Bistums und der Öffentlichkeit geheim zu halten, da er mit negativen Reaktionen rechnete.

Tebartz’ Sicht der Dinge: Er habe zu Beginn seiner Amtszeit 2008 „eine in vielfacher Hinsicht ungeordnete, wenig sachorientierte Verwaltungssituation angetroffen“ und deshalb Franz Kaspar auch aufgrund „seines Standings in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit“ als Generalvikar berufen. Die Entmachtung des Finanzdezernenten sei so wie alle weiteren Verwaltungsmaßnahmen seien allein Kaspars Entscheidung gewesen. Eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Abwicklung der Baubuchhaltung des Bischöflichen Stuhl zu beauftragen, erschien Tebartz-van Elst „eine zukunfstweisende Maßnahme, um dem Vorwurf der bloß internen Selbstkontrolle zu begegnen“. Generalvikar Kaspar ist mittlerweile emeritiert und hat sich zu den Vorwürfen nicht geäußert.

Zunächst ließ Tebartz-van- Elst den Bericht unbeanstandet

Die von der Bischofkonferenz im Oktober eingesetzte Untersuchungskommission wurde vom Paderborner Weihbischof Manfred Grothe geleitet, den Papst Franziskus am Mittwoch als vorübergehenden Verwalter für das Limburger Bistum ernannt hat. Neben Grothe arbeiteten vier weitere kircheninterne und externe Finanz- und Baufachleute in der Untersuchungskommission mit: Michael Duus vom Ingenieurbüro WSP Deutschland (Düsseldorf), der Kölner Wirtschaftsprüfer Josef Gronemann, der Leiter der Finanzabteilung im Erzbistum Freiburg, Michael Himmelsbach, sowie Prälat Lorenz Wolf aus dem Erzbistum München und Freising.

Der mittlerweile emeritierte Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, der bis vor zwei Wochen Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz war, hatte den Bericht am 3. März dem Präfekten der römischen Bischofskongregation übergeben. Auch Bischof Tebartz-van Elst hatte ein Exemplar bekommen. Dass er daran etwas zu beanstanden hat, ließ er die Öffentlichkeit aber erst am gestrigen Mittwoch wissen, nachdem die Bischofskonferenz den Prüfbericht online gestellt hatte. Am Mittwochmittag hatte der Vatikan die Entscheidung des Papstes bekannt gegeben, dass Tebartz-van Elst nicht nach Limburg zurückgehen, sondern „zu gegebener Zeit“ mit einer neuen Aufgabe betreut werde.

Dezidiert nahm die Erklärung des Vatikan auch auf den Prüfbericht Bezug: Die Bischofskongegration habe den Bericht studiert, „die nach dem Willen des Bischofs und des Domkapitels eingesetzt wurde, um eingehende Untersuchungen im Hinblick auf die beteiligten Verantwortlichkeiten beim Bau des Diözesanen Zentrums St. Nikolaus vorzunehmen“. Auf die konkreten Verstöße gegen das Kirchenrecht, die der Prüfbericht auflistet, geht die Erklärung des Vatikan allerdings nicht ein. Papst Franziskus betont hingegen das zerstörte Vertrauen zum Limburger Bischof, das die Ausübung seines Amtes unmöglich macht: „Angesichts der Tatsache, dass es in der Diözese Limburg zu einer Situation gekommen ist , die eine fruchtbare Ausübung des bischöflichen Amtes durch Franz-Peter Tebartz-van Elst verhindert, hat der Heilige Stuhl den durch den Bischof angebotenen Amtsverzicht angenommen.“

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