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Philippinische Kinder durchsuchen eine Müllhalde nach brauchbaren Materialien.

© dpa

Offener Brief von Menschenrechts-Aktivisten: Frau Merkel, in welcher Welt wollen Sie 2030 leben?

Eine Reihe namhafter Menschenrechtler fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel und alle anderen Staatschefs auf, im Jahr 2015 entschiedene Schritte zur Bekämpfung von Armut, Hunger und Krieg zu ergreifen. Lesen Sie hier den offenen Brief im Wortlaut.

In dem unten aufgeführten offene Brief werden die Staats- und Regierungschefs aufgefordert, das Auslaufen der UN-Millenniumsentwicklungsziele 2015 zu nutzen, um sich für eine internationale Zielvereinbarung bis 2030 einzusetzen. Der Brief soll Bundeskanzlerin Angela Merkel am heutigen Mittwochabend Abend bei ihrem Geburtstagsempfang überreicht werden.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Staats- und Regierungschefs dieser Welt, 

wir schreiben Ihnen heute mit einer Warnung. Es ist eine Warnung für das Jahr 2015. Denn 2015 ist ein Jahr voller Chancen, die sie ergreifen können. Gleichzeitig birgt das kommende Jahr auch großes Risiko. 

Es könnte nicht mehr auf dem Spiel stehen. Es geht um nichts weniger als um die Zukunft aller Menschen und um die Zukunft des Planeten, auf den wir alle angewiesen sind. Ende des Jahres 2015 werden zwei globale Prozesse – die Erneuerung der Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen und die Verabschiedung eines neuen Klimavertrags – kurz nacheinander zu ihrem Abschluss kommen. Wir müssen entscheiden, welche Zukunft wir für die Menschen und den Planeten wollen. Dabei stehen wir vor einem Scheideweg, an dessen Enden zwei vollkommen unterschiedliche Zukunftsszenarien stehen. 

Am Ende des einen, des hoffnungsfrohen Weges werden wir auf bereits erzielten Erfolgen aufgebaut haben. Wir werden gelernt haben, extreme Armut und Hunger zu beenden. Vermeidbare Todesfälle bei Müttern, Neugeborenen und Kindern gehören der Vergangenheit an. Wir können jedem Menschen überall auf der Welt eine faire Chance geben. Jeder wird das Recht haben, ein Leben in Würde zu führen, ohne unser Ökosystem, das die Menschen jetzt und in Zukunft ernährt, zu gefährden. Dies ist keine Phantasterei, sondern ein Zukunftsszenario, das absolut im Bereich des Möglichen steht – wenn wir das richtige tun. 

Entlang des anderen Weges werden wir es nicht geschafft haben, auf den Erfolgen aufzubauen. Stattdessen werden wir zugelassen haben, dass sich Armut, Hunger und Krankheiten verbreiten. Wachsende Unsicherheit, verursacht durch ungleichen Zugang zu immer knapper werdenden Ressourcen, wird zu tragischen Konflikten führen, denen niemand – ganz gleich wie elitär oder wohlhabend – entkommen kann. Auch dies ist ein mögliches Zukunftsszenario – wenn wir einfach so weitermachen wie bisher. 

In welcher Welt wollen Sie im Jahr 2030 leben? Welche Welt das sein wird, hängt davon ab, welche Entscheidungen Sie im Jahr 2015 treffen und welche Vorbereitungen wir jetzt dafür treffen. 

Doch es gibt gute Nachrichten. Es formiert sich gerade eine weltweite Bewegung für das Jahr 2015 und darüber hinaus, inspiriert von den Worten Nelson Mandelas: „Wie die Sklaverei und die Apartheid ist auch die Armut nicht naturgegeben. Sie ist von Menschen gemacht und sie kann durch das Handeln der Menschen überwunden und ausgerottet werden.” Auch der Klimawandel kann und muss durch das Handeln der Menschen bekämpft werden. 

Diese Bewegung wird die Staatschefs auszeichnen, die sich mit Wort und Tat dafür stark machen, diese historische Chance zu nutzen. Diejenigen, die versagen, eine bessere und sicherere Welt für alle zu schaffen, wird sie zur Rechenschaft ziehen. Die Bewegung wird eine Stimme sein für die Ausgestoßenen und Benachteiligten. Und sie wird Gerechtigkeit für alle fordern. 

Wir dürfen niemanden zurücklassen, während wir zuversichtlich in eine Zukunft blicken, die wir nachhaltig zum Besseren gestalten können. Ihnen eröffnet sich eine historische Gelegenheit. Nutzen Sie sie.

Gezeichnet: Malala Yousafsai, Desmond Tutu, Graca Machel, Muhammed Yunus, Mo Ibrahim, Bono

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