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Politik: "Freie Arztwahl, freie Kassenwahl"

Manfred Richter-Reichhelm (59) ist als Chef der Kassenärzte für die flächendeckende medizinische Versorgung in Deutschland mit verantwortlich. Sie sind mit den Reformplänen zum Gesundheitssystem nicht zufrieden, warnen vor "Discount-Ärzten".

Manfred Richter-Reichhelm (59) ist als Chef der Kassenärzte für die flächendeckende medizinische Versorgung in Deutschland mit verantwortlich.

Sie sind mit den Reformplänen zum Gesundheitssystem nicht zufrieden, warnen vor "Discount-Ärzten". Aber liegt Ihr Unmut nicht darin begründet, dass Ihre eigene Organisation entmachtet werden könnte?

Das ist zu kurz gesprungen. Wir müssen das Gutachten der vier Sachverständigen und die Gesundheitsministerin auseinander halten. Ersteres ist ein Auftragsgutachten für die SPD und absolut ungenießbare Kost. Da heißt es, dass der Sicherstellungsauftrag für die flächendeckende ambulante Versorgung von der Selbstverwaltung auf die Krankenkassen übertragen werden soll. Frau Schmidt hat das zwar relativiert, hat sich aber dennoch für Einzelverträge von Ärzten mit Krankenkassen ausgesprochen - eine nette Umschreibung für das Einkaufsmodell der Kassen. Das geht aber auch die Patienten an. Denn die Kassen im Wettbewerb werden weniger auf Qualität achten, sondern sich die billigsten Anbieter holen.

Deswegen soll nach dem Vorschlag der Gutachter für den SPD-Vorstand auch eine neutrale Behörde die Verträge zwischen Ärzten und Kassen überwachen.

Viel Freude bei dem Geschäft. Wer diese Aufgabe von den Kassenärztlichen Vereinigungen übernehmen will, dem wünsche ich viel Spaß. Dann geht der Unmut der Ärzte über diese Auflagen voll auf die Politik beziehungsweise auf die Krankenkassen über. Niemand sollte im Übrigen ernsthaft glauben, dass eine neutrale Behörde den Wettbewerb der Krankenkassen bändigen kann.

Und was wäre dann das Problem?

Das Gutachten und auch die Stellungnahme der Ministerin fordern den mündigen Patienten. Beide propagieren aber nur einen abgebrochenen Wettbewerb. Der Patient hat die Kassenwahlfreiheit, aber dann legt die Krankenkasse als sein Anwalt die Bedingungen mit den Leistungsbringern fest. Richtiger Wettbewerb sähe so aus: Der Patient hat die freie Arztwahl, jeder Arzt, der die Approbation hat, kann praktizieren, auch wenn er am Krankenhaus arbeitet, der Patient zahlt eine Rechnung und wählt die Krankenkasse, die seiner Meinung nach die beste Zuzahlung leistet. Aber das wollen die Sachverständigen ja nicht.

Was Sie sagen, ist aber keine Begründung dafür, warum die Kassenärtzlichen Verbände so stark bleiben sollen wie bisher.

Es geht nicht um Stärke, sondern es geht um die Wahrnehmung eines öffentlichen Versorgungsauftrages. Wir müssen deswegen darauf bestehen, dass die Verträge zwischen den Krankenkassen und den Ärzten weiterhin mit dem Kassenärztlichen Verband geschlossen werden, aber das kollektive Vertragssystem sollte insofern modifiziert werden, als dass auch die einzelne Krankenkasse mit uns Verträge abschließen kann, und nicht wie bisher nur die Krankenkassenverbände. Davon abweichend haben wir auch vorgeschlagen, dass Einzelverträge zwischen einer Kasse und Ärzten möglich sein sollen - allerdings unter qualitativen und finanziellen Rahmenbedingungen, die wir als KV vorher mit den Krankenkassen abgestimmt haben. Der Arzt, der diese Bedingungen erfüllt, kann dann an dem Vertrag partizipieren, der andere nicht.

Bei welchen Reformvorschlägen können Sie zusammenarbeiten?

Was das Vertragssystem angeht, haben wir uns sehr bewegt. Das ist auch im Gesundheitsministerium positiv angekommen. Wir stimmen auch zu, dass Behandlungs-Leitlinien eingeführt werden, und dass der Hausarzt eine Lotsen-Funktion übernimmt. Wir haben deswegen nichts dagegen, dass Hausarzt-Wahltarife eingeführt werden, solange der Versicherte unbeeinflusst durch seinen Arbeitgeber entscheidet, auf die freie Facharzt-Wahl verzichtet und sich für einen Hausarzt-Tarif entschieden hat.

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