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Teilnehmer eines Aufmarsches des Neonazi-Netzwerks "Freies Netz Süd" in 2013 in Bayern.

© dpa

"Freies Netz Süd": Bayern verbietet größte Neonazi-Organisation

Es ist das bislang bedeutendste Neonazi-Netzwerk in Bayern. Jetzt hat das Bundesland das "Freie Netz Süd" verboten. Der Organisation wird Verfassungsfeindlichkeit vorgeworfen.

Von Frank Jansen

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat der rechtsextremen Szene einen empfindlichen, aber auch schon länger erwarteten Schlag versetzt. Herrmann verbot am Mittwoch die Neonazi-Gruppierung „Freies Netz Süd (FNS)“, die sich als eine Art Dachverband des braunen Milieus in Bayern verstand. Dem FNS hatten sich nach Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz etwa 20 Kameradschaften und weitere Vereinigungen mit insgesamt 100 bis 150 Aktivisten angeschlossen. Hauptgrund für das Verbot war laut Ministerium allerdings, das 2008 entstandene FNS habe „die aggressiv-kämpferischen verfassungsfeindlichen Bestrebungen der 2004 verbotenen ,Fränkischen Aktionsfront’ an deren Stelle weiter verfolgt“. Das FNS war zudem mit Hetzpropaganda gegen Asylbewerber und weiteren, szenetypischen Aktionen aufgefallen.  

Flankiert wurde das Verbot von einer größeren Polizeiaktion gegen mutmaßliche Anhänger des FNS. In Regnitzlosau (Landkreis Hof) wurde das Grundstück Oberprex 47 durchsucht und beschlagnahmt. Die ehemalige Gaststätte war ein Treffpunkt für Neonazis aus der ganzen Bundesrepublik. Von dem Anwesen aus agierte auch der „Final Resistance Versand“, der mit Textilien für Neonazis, „True NS Streetwear“ genannt, und rechtsextremen CDs handelt. Die Polizei konfiszierte auch Gegenstände des Versands, weil dieser das FNS unterstützt haben soll.

Erste Durchsuchungen vor einem Jahr

Bereits vor einem Jahr hatte das Innenministerium im Rahmen vereinsrechtlicher Ermittlungen gegen das FNS mehr als 70 Wohnungen, Arbeitsstätten und weitere Objekte im Freistaat durchsuchen lassen. Dabei wurde umfangreiches Material sichergestellt, offenkundig zur Vorbereitung des nun erfolgten Verbots. Die Razzia bezeichnete Herrmann damals als „die größte vereinsrechtliche Aktion gegen Angehörige der rechtsextremistischen Szene, die es je in Bayern gab“.

Es bleibt allerdings fraglich, ob das vom FNS gebildete Netzwerk nun zerschlagen ist. Die Neonazis hatten ein Verbot erwartet. Im September 2013 gründete ein ehemaliger NPD-Funktionär in Heidelberg die Partei „Der III. Weg“, die offenbar ein Auffangbecken für Neonazis aus verbotenen Organisationen sein soll. Zwischen der Partei und dem FNS gab es enge Kontakte. Ein Beispiel: im Februar 2014 beteiligten sich der Gründer von „Der III. Weg“ und Anführer des FNS an einem „Trauermarsch“ im tschechischen Karlsbad.

Strategien gegen Verbote

Die Gründung einer Partei oder zumindest die Übernahme eines Landesverbands scheint für Neonazis eine verlockende Strategie zu sein, um die Wirkung von Verboten verpuffen zu lassen. In Nordrhein-Westfalen und Berlin dominieren Rechtsextremisten aus verbotenen Kameradschaften die regionalen Verbände der im Mai 2012 von dem Neonazi Christian Worch gegründeten Partei „Die Rechte“. Vor einem Verbot der Landesverbände oder der gesamten Partei  scheuen die Innenbehörden jedoch zurück. Die rechtlichen Hürden sind deutlich höher als beim Verbot eines Vereins.

Das wissen die Neonazis. Die Mitgliederzahl der Partei „Die Rechte“ ist im vergangenen Jahr von 150 auf 500 gestiegen. Ein Anführer des Landesverbands Nordrhein-Westfalen sitzt jetzt sogar im Dortmunder Stadtparlament. Sicherheitsexperten vermuten, im Falle eines Verbots der NPD würden etliche Mitglieder zu den neuen rechtsextremen Kleinparteien wechseln. Das Bundesverfassungsgericht prüft derzeit den vom Bundesrat gestellten Antrag auf ein Verbot der NPD.

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