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Politik: Freiheitskrieger

Die Freien Demokraten streiten um Programm und Richtung.Viele unterstützen Westerwelle – um ihm zu schaden?

Von Robert Birnbaum

Für Reformen ist die FDP immer zu haben – insbesondere, wenn es dabei um neue Techniken des internen Kleinkriegs geht. Die aktuelle Methode heißt: „Wir stellen uns alle hinter den Vorsitzenden.“ Dort wird infolgedessen wenige Tage vor der Spitzenklausur am nächsten Sonntag in Berlin der Platz allmählich eng. Am Donnerstag hat der FDP-Fraktionschef in Düsseldorf, Ingo Wolf, hinter Guido Westerwelle Aufstellung genommen. Wolf – das immerhin unterscheidet ihn von anderen, die sich dort drängeln – meint es im Grunde gut mit dem Vorsitzenden. Sieben Seiten lang argumentiert der Nordrhein-Westfale, weshalb sich die freidemokratischen Prinzipien von Unabhängigkeit und Eigenständigkeit nicht geradewegs mit Koalitionsaussagen oder einer Kooperation der Opposition im Bund beißen: Die FDP, „wählbar für alle Menschen“, definiere sich nicht durch Koalitionspartner, also könne sie solche Bündnisse auf Zeit auch unbeschadet eingehen, wenn der Partner zum liberalen Programm passe.

Doch wenngleich höflich, haut auch Wolf in die gleiche Kerbe, die vor ihm schon andere mit der Axt grob geschlagen hatten: Ein „Kommunikationsdefizit in der Darstellung nach außen“ und in der Binnen-Abstimmung bemängelt der Freidemokrat an seiner Parteiführung in Berlin und fordert von Westerwelle, der müsse dafür sorgen, dass die Partei geschlossen auftrete – um im gleichen Atemzug eine „überflüssige Diskussion über den Bundesvorsitzenden“ zu kritisieren: Wer einen Wechsel an der Spitze wolle, solle Ansprüche offen anmelden.

Das tut natürlich niemand. Erstens, weil kein Anwärter in Sicht ist, zweitens, weil es der freidemokratischen Tradition des Guerillakriegs widerspräche. Der entspricht es schon viel eher, wenn Parteivize Wolfgang Döring in der „Rheinischen Post“ dunkel dräut, es sei an der Zeit, ab Sonntag im Führungskreis „endlich offen und ehrlich“ sowie „deutsch miteinander zu reden“.

Ebenfalls in die Guerilla-Abteilung gehört ein anderes Papier, das ebenfalls aus Westerwelles Heimatverband NRW kommt. Im Namen einer bisher unbekannten „Initiative Freie Demokraten in der FDP“ stellten sich darin einen Tag vor Wolf zwei Parteifreunde hinter Westerwelle – Stefan Grüll und Andreas Reichelt, freilich erkennbar mit der Absicht, den Vorsitzenden vor ihren Karren zu spannen als „überzeugenden Repräsentanten einer Reformpartei“. Diese Reformpartei hat freilich starke Züge des Projekts Möllemann – was wiederum den Landesvorsitzenden Andreas Pinkwart derart reizte, dass er Grüll und Reichelt vorwarf, sie wollten nur die Partei und deren Chef destabilisieren. Pinkwart, der wohl verstand, dass die Attacke der beiden gegen „politische Blässe“ und „thematische Mutlosigkeit“ vor allem auch ihm selbst galt, stellte sich zugleich ebenfalls hinter Westerwelle – und tags darauf auch gleich noch hinter dessen Generalin Cornelia Pieper: Er finde es „gelinde gesagt daneben“, dass sich der FDP-Fraktionschef in Kiel, Wolfgang Kubicki, mit Anspielungen auf die Ermittlungen gegen ihren Sohn wegen einer Hanf-Topfpflanze an der Instrumentalisierung von Piepers Privatsphäre beteilige.

So geht es munter weiter. Wolf hält die Lage offenbar sogar für derart ernst, dass er der Bundesspitze zu einem extremen Ausweg rät, sollten die Querelen weitergehen: Dann müsse ein Sonderparteitag her.

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