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Fremdenfeindlichkeit: "Mancherorts ist es schick, ein Rassist zu sein"

Ex-Regierungssprecher Uwe Karsten Heye muss für seine Warnung für farbige WM-Touristen viel Kritik einstecken. Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit verteidigt die Äußerungen Heyes.

Berlin/Köln - Die drastische Warnung von Ex-Regierungssprecher Uwe Karsten Heye vor rechtsextremen Schlägern in Ostdeutschland ist auf ein überwiegend negatives Echo gestoßen. Allerdings wurde auch darauf hingewiesen, dass die von Heye beschriebene Gefahr für Farbige in bestimmten Regionen durchaus Realität sei. Heyes Berliner Verein "Gesicht zeigen!" betonte: "Wir wissen aus unserer täglichen Arbeit, dass dunkelhäutige Menschen aus Angst vor Übergriffen bestimmte Regionen meiden - in ganz Deutschland."

Wenige Wochen vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland hatte Heye am Mittwoch gesagt: "Es gibt kleine und mittlere Städte in Brandenburg und anderswo, wo ich keinem, der eine andere Hautfarbe hat, raten würde, hinzugehen. Er würde sie möglicherweise lebend nicht mehr verlassen."

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, verteidigt die Äußerungen Heyes. "Die Realität ist, dass sich Schulklassen mit vielen Migrantenkindern fragen, ob es sicher ist, nach Brandenburg oder Mecklenburg- Vorpommern zum Zelten zu fahren", sagte er der "Financial Times Deutschland". Es gebe Gegenden, "wo es schick ist, Rassist zu sein. Dagegen muss etwas unternommen werden."

Auch der Berliner Politologe Yonas Endrias, Mitglied im Afrika-Rat und Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, unterstützte Heye. "Keiner von uns Schwarzen würde mit seiner Familie einen Ausflug nach Brandenburg machen", sagte er der "Neuen Presse". "In Westdeutschland gibt es auch Rassismus, aber als Schwarzer in einem ostdeutschen Ort angegriffen zu werden ist viel wahrscheinlicher."

Kritik von Schäuble

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte Heyes Warnung "verkürzt". Für die von Heye geäußerte Sorge gebe es zwar mancherlei Anlass, seine Äußerungen würden dem Thema aber nicht gerecht, sagte Schäuble auf einer internationalen Veranstaltung zur Fußball-Weltmeisterschaft am Donnerstag in Berlin. SPD-Fraktionschef Peter Struck nannte die Äußerungen kurz vor dem Beginn der WM "überhaupt nicht hilfreich". Die Menschen in Deutschland werden alles dafür tun, dass die Gäste das Land als gastfreundlich erlebten, sagte Struck.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hatte den früheren Regierungssprecher bereits am Mittwoch scharf kritisiert. "Das ist eine Verunglimpfung ganzer Regionen in Brandenburg, die durch nichts zu rechtfertigen ist." Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sprach von einer "unglaublichen Entgleisung" und forderte den Rücktritt Heyes als Vorsitzender des Vereins "Gesicht zeigen!".

Rechte Gewalt "real und beunruhigend"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber rief zu einer Versachlichung der Debatte um rassistisch motivierte Übergriffe in Deutschland auf. Er halte das Problem von Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremer Gewalt zwar nach wie vor für "real und beunruhigend", sagte Huber am Donnerstag im Deutschlandfunk. Er sei aber dagegen, wenn Heye dieses Problem ausschließlich in den ostdeutschen Bundesländern ausmache. Damit werde man den Anstrengungen in den östlichen Ländern nicht gerecht.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sagte dem Tagesspiegel: "Ich würde zwar Begriffe wie 'No-Go-Areas' nicht benutzen. Aber ich würde es sehr begrüßen, wenn wir mit einer gründlichen Analyse und einer umfassenden Diskussion der Situation anfangen. Wir müssen uns intensiv damit auseinandersetzen, denn diese Problematik wird nicht plötzlich einfach verschwinden." Die Statistiken zeigten eindeutig, dass die rechten Gewalttaten zunähmen, aber es werde immer weniger dagegen getan. Wenn es den vermutlich rassistischen Überfall in Potsdam und die daraus resultierende Debatte nicht gegeben hätte, sagte der GdP-Vorsitzende, "wären wohl auch die 19 Millionen Euro für Projekte gegen Rechtsextremismus weg gewesen". (tso/Tsp/dpa/ddp)

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