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Trauer um die vor einem Jahr in Dresden ermordete Ägypterin Marwa El-Sherbini.

© dpa

Fremdenhass: Gedenkstunde für Marwa al Sherbini

Sachsens Justiz hat am Donnerstag Marwa al Sherbinis gedacht, die am 1. Juli 2009 in einem Saal des Dresdner Landgerichts ermordet wurde. Justizminister Jürgen Martens rief während der Feierstunde im Landgericht zum Kampf gegen Fremdenhass und Islamfeindlichkeit auf.

Dresden - Dresden und die sächsische Justiz haben am Donnerstag Marwa al Sherbinis gedacht, die am 1. Juli 2009 in einem Saal des Dresdner Landgerichts ermordet wurde. Landesjustizminister Jürgen Martens rief während einer Feierstunde im Landgericht zum Kampf gegen Fremdenhass und Islamfeindlichkeit auf. Jede Straftat sei ein Akt, der sich gegen die Rechtsordnung richte, sagte Martens. Der Mord an der ägyptischen Apothekerin am 1. Juli 2009 aber sei „unmittelbar gegen den Rechtsstaat, ja gegen das Recht“ gerichtet gewesen. Ihr Mörder habe ihr als Muslimin das Recht bestritten, in Deutschland zu leben, ja ihr überhaupt ein Lebensrecht abgesprochen. Er selbst werde „nicht aufhören, gegen diese Menschenfeindlichkeit zu kämpfen“.

Die 32-jährige schwangere al Sherbini war in Gegenwart ihres Mannes und ihres dreijährigen Sohnes in einem Verhandlungssaal des Gerichts von einem 29-jährigen Russlanddeutschen erstochen worden, gegen den sie in einem Beleidigungsprozess ausgesagt hatte. Er hatte sie, die ein Kopftuch trug, Wochen zuvor auf einem Spielplatz als „Islamistin“, „Terroristin“ und „Schlampe“ beschimpft. Al Sherbinis Mann, Biologe am Dresdner Max-Planck-Institut, wurde beim Versuch, seine Frau zu retten, ebenso wie sie von 16 Messerstichen getroffen und überlebte nur knapp.

Zur Feier im Atrium des Landgerichts, bei der der Minister eine Tafel zum Gedenken an den Mord enthüllte, waren neben Vertretern der deutschen Muslime und der Dresdner Migranten auch der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, die Präsidentin des sächsischen Verfassungsgerichtshofs, Sachsens Generalstaatsanwalt und Dresdens Oberbürgermeisterin gekommen. Nach einer Gedenkminute für al Sherbini legten sie und die Justizangestellten, Richterinnen und Richter des Landgerichts in einem langen Defilee Rosen vor der Gedenktafel ab.

Auf einer Kundgebung am Abend vor Dresdens Rathaus, zu der der Ausländerbeirat der Stadt eingeladen hatte, rief Justizminister Martens die Gesellschaft dazu auf, sich Rassismus zu widersetzen. „Wer Muslime angreift, wird ebenso Schwule und Lesben angreifen oder dich und mich, weil wir die falsche Musik hören oder die falschen Bücher lesen“, sagte Martens.

Kritik musste sich Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) anhören, die in ihrer Ansprache auf die neuen kommunalen Aktionspläne für Weltoffenheit und Toleranz verwies. Nabil Yacoub vom sächsischen Migrantenrat sagte, man habe darauf lange genug warten müssen. Es plädierte zudem dafür, Migranten auch als Akteure einzubeziehen. Marianne Thum, eine der Organisatorinnen der Kundgebung, sagte: „Die behauptete Weltoffenheit Dresdens ist nach wie vor Fiktion.“ In den kommunalen Leitlinien stünde, dass Deutschkenntnisse der Schlüssel zur Integration seien, sagte Thum. „Nur schützen sie nicht vor Alltagsrassismus und Diskriminierung durch Behörden. Das Problem heißt Rassismus, daran führt kein Weg vorbei.“ Andrea Dernbach

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