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Politik: Friedens-Nobelpreis: "Von der Vereinigung sind wir noch weit entfernt"

Herr Präsident, wie haben Sie die Jahre der Haft und des Hausarrests überlebt? Sie sind ja sogar von südkoreanischen Geheimagenten aus Tokio entführt worden und waren auch zum Tode verurteilt in Ihrem Heimatland Südkorea.

Herr Präsident, wie haben Sie die Jahre der Haft und des Hausarrests überlebt? Sie sind ja sogar von südkoreanischen Geheimagenten aus Tokio entführt worden und waren auch zum Tode verurteilt in Ihrem Heimatland Südkorea. Wie haben Sie das überstanden?

Ich bin ein gläubiger Katholik und habe in den schlimmsten Momenten der Haft immer wieder gebetet, als ich in Lebensgefahr war, als die Agenten des südkoreanischen Geheimdienstes mich töten wollten. Sie machten Anstalten, mich über Bord zu werfen von einem Schnellboot. Da erschien mir Jesus Christus nicht im leibhaftigen Sinne, aber doch fast wie eine Vision. Von da an wusste ich, ich bin nicht allein, und hatte genug Stärke, alle diese Herausforderungen und Bedrohungen zu überstehen.

Für uns Deutsche ist besonders der Wiedervereinigungsprozess mit Nordkorea interessant.

Der Wiedervereinigungsprozess wird im Ausland mit zu vielen Erwartungen verknüpft. Ich habe immer wieder hervorgehoben, dass wir noch weit entfernt sind von der Wiedererlangung der staatlichen Einheit. Es geht eher um die Entspannungspolitik, wie sie Willy Brandt in Deutschland in den 70er Jahren angebahnt hat, und zwar ganz konkret auf drei Ebenen. Erstens: Entspannung der Lage entlang der Grenze an der entmilitarisierten Zone, wo nach wie vor zwei hochgerüstete Armeen einander gegenüberstehen und die Kriegsgefahr keineswegs gebannt ist - also militärische Entspannung. Zweitens: Vertrauensbildende politische Maßnahmen, die Anbahnung von Gesprächen, der Austausch von Delegationen auf allen Ebenen. Die gemeinsame Mannschaft Nord- und Südkoreas bei den Olympischen Spielen in Sydney war ein Signal in dieser Richtung. Drittens geht es um die Zusammenführung getrennter Familien, die in Korea seit Jahrzehnten keinen Kontakt hatten. Es gab ja bis vor kurzem nicht einmal Post- und Telefonverkehr zwischen Nord- und Südkorea. Wenn ich diese Ziele erreiche, dann habe ich meine politische Mission erfüllt. Und ob ich diese staatliche Einheit, die Wiedervereinigung noch erlebe, das steht in den Sternen.

Sie waren selbst verfolgt, Herr Präsident. In Europa gibt es eine Initiative zur Schaffung von Stätten des Asyls für verfolgte Schriftsteller. Wäre Seoul bereit, die erste Zufluchtstätte für verfolgte Schriftsteller in Asien zu werden?

Ja, sehr gerne. Natürlich müssen wir prüfen, inwieweit das praktisch realisierbar ist. Aber das Projekt hat meine volle Unterstützung.

Es wird immer wieder vor den Gefahren der Globalisierung gewarnt, die die nationale Kultur besonders kleinerer Länder bedrohen. Wie sehen Sie das?

Ich habe selbst immer wieder darauf hingewiesen, dass die Globalisierung positive und negative Auswirkungen hat. Die wirtschaftliche Öffnung ist unbedingt zu begrüßen, aber die Nivellierung der koreanischen Kultur, ihre Anpassung an einen anderswo definierten Standard der Kommerzialisierung - das sind Folgen, die wir nicht für wünschenswert halten. Wir hoffen, dass gerade Schriftsteller dazu beitragen, die koreanische Literatur auch in Deutschland bekannter zu machen. Im Übrigen sehe ich die Globalisierung eher optimistisch, und es geht nur darum, ihre Vorteile auch den Benachteiligten zukommen zu lassen. Das ist ein Vorschlag, den ich im Namen meines Landes auf verschiedenen internationalen Konferenzen gemacht habe. Der Zugang der Armen, der Unterprivilegierten etwa zum Internet und überhaupt zu den neuen Kommunikationstechnologien ist ein Gebiet, auf dem noch viel zu tun ist.

Herr Präsident[wie haben Sie die Jahre der H]

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