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Friedensnobelpreis: Auszeichnung geht an El Baradei und die IAEO

Die Internationale Atomenergie-Organisation und ihr Chef Mohammed el Baradei erhalten den diesjährigen Friedensnobelpreis. "Eine sehr kluge Entscheidung", lobt Kanzler Schröder. Aber es gibt auch kritische Stimmen.

Wien/Berlin - Völlig überrascht und zu Tränen gerührt: So reagierte Mohammed el Baradei, Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), auf die Verleihung des Friedensnobelpreises an ihn und seine UN-Behörde. Er sei «völlig überrascht» gewesen, sagte der 63-jährige Ägypter am Freitag vor der Presse in Wien. «Ich habe das nicht erwartet», meinte er mit Tränen in den Augen unter dem lang andauerndem Applaus von Mitarbeitern und Gästen. Erst aus dem Fernsehen habe er von der Auszeichnung erfahren. Der Preis sei eine Bestätigung seiner Arbeit und werde die Position der IAEO stärken. «Ich freue mich darauf, unseren schwierigen Weg weiter zu gehen.»

Als «sehr kluge Entscheidung» lobte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Wahl des Nobel-Komitees. Regierungssprecher Béla Anda sagte in Berlin weiter, mit der Entscheidung werde Baradeis «sehr gute Arbeit» während des Irak-Kriegs und dessen Bemühungen um eine Lösung des Atomkonflikts mit Iran angemessen gewürdigt. Auch Schröder gehörte in diesem Jahr zu den nominierten Kandidaten.

Glückwünsche kamen auch von Bundespräsident Horst Köhler. «Die Aufgabe, der sich die Internationale Atomenergie-Behörde täglich stellt, ist für den Frieden in der Welt unabdingbar», heißt es in einem Glückwunschschreiben. «Dafür zu sorgen, dass Kernenergie nur für friedliche Zwecke und unter Einhaltung der vereinbarten Sicherheitsmaßnahmen genutzt wird, verlangt Mut und Geduld, in schwierigen Situationen unbequeme Positionen und Wahrheiten zu vertreten. Dies haben Sie in den Jahren Ihrer Amtsführung in beispielhafter Weise getan und dabei das Ansehen der Internationalen Atomenergie-Behörde gefestigt und gemehrt», schrieb Köhler.

Freude auch bei UN-Generalsekretär Kofi Annan. Annan gratuliere Baradei und seinen Mitarbeitern zu ihrem Beitrag für den weltweiten Frieden, erklärte ein Sprecher. Der Preis rufe auch die Notwendigkeit in Erinnerung, Fortschritte bei der Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen und der Abrüstung zu machen. Massenvernichtungswaffen seien eine große Gefahr für alle.

In der Uno-City, dem Sitz der IAEO in Wien, herrschte Jubel über die hohe Auszeichnung an die UN-Behörde und ihren Leiter. Über eine Lautsprecher-Durchsage wurden die Mitarbeiter der UN-Institutionen über die Nobelpreis-Verleihung informiert. Eine für den Vormittag geplante Katastrophenübung, bei der das Gebäude vollständig evakuiert werden sollte, wurde kurzfristig abgesagt.

Der Europarat sprach von einer «wohl verdienten Anerkennung für den Kampf gegen die nukleare Bedrohung der Welt». Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gratulierte.

Israel sah in der Entscheidung eine Botschaft gegen eine Weiterverbreitung von Atomwaffen. Der israelische Vize-Regierungschef Schimon Peres, der den Nobelpreis 1994 zusammen mit Jassir Arafat und Izchak Rabin bekommen hatte, warnte zugleich vor einem Streben Irans nach Nuklearwaffen. Israel ist nach Einschätzung internationaler Experten selbst Atommacht. Von Iran lag zunächst keine Reaktion vor.

"Eine ganz klare Fehlentscheidung"

Herbe Kritik kam dagegen von der Gruppe «Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges» (IPPNW) sowie von Greenpeace. «Eine Behörde, deren Ziel es ist, den Ausbau der Atomenergie weltweit zu beschleunigen und auszuweiten, trägt nicht zu einer friedlichen und gesunden Welt bei. Im Gegenteil. Hinter der friedlichen Nutzung der Atomenergie verbirgt sich immer die Möglichkeit zum Bau der Atombombe, wie das Beispiel Iran, Indien oder Pakistan zeigen», sagte IPPNW-Sprecherin Ute Watermann. «Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Risiken der Atomenergienutzung.» Die Organisation war 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Für Greenpeace Deutschland war die Verleihung des Preises an die IAEO «eine ganz klare Fehlentscheidung». Schließlich sei zivile Atomkraft nicht von militärischer Atomkraft zu trennen, sagte Wolfgang Lohbeck von Greenpeace in Hamburg. «Kein Problem» dagegen habe man damit, dass der Preis an Baradei persönlich vergeben wurde. (tso/dpa)

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