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Politik: Führungsstreit in der CDU: "Überflüssiges Geschwätz zur Unzeit"

Er ist im Wahlkampf, also ist er im Stress. Erwin Teufel, Ministerpräsident von Baden-Württemberg und dort Landesvorsitzender der CDU, greift die Führung seiner Partei an.

Er ist im Wahlkampf, also ist er im Stress. Erwin Teufel, Ministerpräsident von Baden-Württemberg und dort Landesvorsitzender der CDU, greift die Führung seiner Partei an. "Die CDU gibt zurzeit auf Bundesebene ein verheerendes Bild ab", sagte er der "Welt am Sonntag". "Statt Führung und Sachpolitik wird der Öffentlichkeit heillose Zerstrittenheit vorgeführt." Für das Ansehen einer bürgerlichen Partei sei jedoch gerade Geschlossenheit eine entscheidende Voraussetzung. Dies gilt umso mehr, wenn Wahlen anstehen.

Am 25. März sollen die Bewohner von Baden-Württemberg einen Landtag und damit den Ministerpräsidenten wählen. Wirklich in Frage gestellt ist zwar die jetzige CDU-Mehrheit nicht, aber Teufel will selbstverständlich ein gutes Ergebnis einfahren und keine Stimmen an andere Parteien verlieren. "Ich habe kein Verständnis mehr dafür, wenn Mitglieder der Führung in Berlin, die für die CDU schließlich die Verantwortung tragen, sich öffentlich Sorgen über den Zustand der Partei machen", sagte Teufel.

Das höchstrangige Mitglied der Führung, Parteichefin Angela Merkel, unterstützte Teufel in den vergangenen Tagen im Wahlkampf und tourte durch das Ländle. In der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" bestätigt sie den Wunsch der Parteimitglieder an der Basis nach einer geschlossenen Partei und nach Sachpolitik. Sie zeigte sich ebenso verwundert über die erneute Kanzlerkandidatenfrage, die Franktionschef Friedrich Merz aufgebracht hat, wie Erwin Teufel. Der forderte "sofort und ein für alle mal Schluss" mit dem "völlig überflüssigen Geschwätz über die Kanzlerkandidatur zur Unzeit".

Merkel äußerte in dem Fernsehinterview verhalten aber deutlich ihren Unmut über die Diskussion. Denn offiziell will die Union erst im kommenden Jahr - dem Jahr der Bundestagswahl - über einen Kanzlerkandidaten bestimmen. Auf diese Position hat sich unterdessen auch Friedrich Merz zurückgezogen. Aber er bekräftigte seinen Anspruch auf den Posten. "Es gibt eine Reihe von Kandidaten und jeder muss für sich entscheiden, was er will", sagte er im ZDF. Denn laut dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU, Klaus Lippold, sind die von Amts wegen natürlichen Anwärter für die Kandidatur neben Parteichefin Merkel, CSU-Chef Edmund Stoiber und eben Fraktionschef Merz auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch.

Der Meinung schloss sich auch der CDU-Abgeordnete Wolfgang von Stetten an: "Wenn Roland Koch die CDU-Spendenaffäre in Hessen gut übersteht, ist er als Kanzlerkandidat im Rennen."

Die Unstimmigkeiten in der CDU haben sich unterdessen auch bei den Wählern niedergeschlagen. Allein Angela Merkel sackte laut Infratest dimap in der letzten Januarwoche um zehn Prozentpunkte auf der Beliebtheitskala der Bürger ab. Auch ihre Chancen bei einer theoretischen Direktwahl zur Bundeskanzlerin sanken. Nur noch 28 Prozent der Wähler würden sie wählen, vor drei Monaten hätten ihr noch 36 Prozent der Wähler ihre Direktstimme gegeben. So groß war der Abstand zwischen ihr und Amtsinhaber Gerhard Schröder (SPD) noch nie: Ihn würden 57 Prozent wählen, sage und schreibe 29 Prozent mehr als Merkel. Im Oktober hätte Schröder nur 50 Prozent der Direktstimmen bekommen. Einen ähnlichen Abschlag muss auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) bei derselben Frage hinnehmen. Auch könnte höchstens 33 Prozent der Wähler für sich mobilisieren, wenn er direkt zum Kanzler gewählt werden könnte.

Bevor sich die CDU jedoch mit ihren möglichen Kandidaten beschäftigt, wird sie sich um die Sacharbeit und die Trennung von Partei und Fraktion kümmern müssen. Merz fordert eine klare Aufgabenteilung zwischen Fraktion und Partei. Die Fraktion - und somit er - sei für die Tagespolitik zuständig, die Partei für die langfristigen Konzeptionen. Aber auch dort will er mitmischen. Denn schließlich sei die Fraktion "Kompetenzzentrum und Motor" für die ganze Partei.

Ulrike Fokken

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