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Politik: Fünf Tote vor dem Einkaufszentrum

Nach dem neuerlichen Selbstmordanschlag kündigt Israel harte Vergeltungsmaßnahmen an

Fünf Todesopfer und 55 Verletzte, so lautet die Bilanz eines Selbstmordanschlages in der israelischen Stadt Netaniya. Der Islamische Dschihad übernahm die Verantwortung für den Terrorakt, den Palästinenserpräsident Mahmud Abbas scharf verurteilte. Erneut wählte der radikalislamistische Islamische Dschihad wie schon im Juli das Hescharon-Einkaufszentrum am Rande der Küstenstadt nördlich von Tel Aviv als Anschlagsziel. Auch diesmal wurde der Terrorist, die Bombe in einer großen Tasche tragend, vor dem Betreten des Gebäudes entdeckt. Eine Polizistin unterrichtete Sicherheitsbeamten, die den Verdächtigen aufforderten, sich vom Eingang zu entfernen. Als sich die Uniformierten ihm näherten, sprengte er sich in die Luft und riss fünf Israelis mit in den Tod und verletzte 55 Menschen, vier davon schwer.

Der 21-Jährige soll mehrere Kilogramm Sprengstoff in einem Koffer bei sich gehabt haben. Netaniya liegt an der „Wespentaille“ Israels, direkt am Mittelmeer und nur wenige Kilometer vom Westjordanland und den palästinensischen Städten Tulkarem und Kalkilija entfernt. Der Sperrwall, der in der Gegend das Staatsgebiet Israels von der Westbank trennt, erschwert zwar Terroristen den Weg, konnte aber schon bisher nicht alle Anschlagsversuche verhindern.

Während Israels Premier Ariel Scharon die politischen und die Sicherheitsverantwortlichen für den Abend zu einer Krisensitzung einberief, um über die militärische Reaktion zu beraten, kündigte Außenminister Silvan Schalom an, Israel werde Vergeltung üben, die „hart und schmerzhaft sein“ werde. Verteidigungsminister Schaul Mofas gab nach Berichten des Militärrundfunks grünes Licht für die gezielte Tötung mutmaßlicher palästinensischer Extremisten. Er habe verfügt, dass die Armee wieder die Kontrolle über Sektoren im Westjordanland übernehme, die als Hochburgen des Islamischen Dschihad gelten. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas betonte in seiner Verurteilung des Anschlags, dass dieser gegen die palästinensische Verpflichtung zum Friedensprozess verstoße.

Der Islamischen Dschihad ist eine eher kleine Gruppierung, die sich weder an die Waffenstillstands-Übereinkunft gebunden fühlt noch an den kommenden Parlamentswahlen teilnehmen wird. Trotzdem muss der Anschlag als Versuch gesehen werden, die palästinensische Wahl vom 25. Januar sowie die israelischen Knessetwahl vom 28. März zu beeinflussen. In der Vergangenheit haben Anschläge vor israelischen Wahlen deren Ausgang maßgeblich verändert. Je größer das Ausmaß der Attentate und deren Anzahl sowie die Nähe zum Wahltermin ausfielen, desto mehr profitierte die nationalistische Rechte unfreiwillig von den Blutbädern. So verhinderte zum Beispiel in den 80er Jahren ein Anschlag am Tag vor der Wahl, bei dem eine ganze Siedlerfamilie getötet wurde, den erwarteten Sieg der Arbeitspartei. Diese verlor gemäß Wahlforschern vier Mandate an den Likud, was zu einer Pattsituation führte.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte den Anschlag als Versuch, die Hoffnungen auf Fortschritte im israelisch-palästinensischen Friedensprozess zunichte zu machen. Der Selbstmordanschlag war der erste seit einem Attentat in Hadera Ende Oktober, zu dem sich ebenfalls der Islamische Dschihad bekannt hatte. Damals waren sechs Menschen getötet worden.

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