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G-8-Gipfel: Droht ein Eklat beim Klimaschutz?

Gut eine Woche vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm scheinen die Verhandlungen über eine gemeinsame Erklärung der USA und Deutschland zum Klimaschutz festgefahren.

Berlin - Während die Bundesregierung auf konkrete Festlegungen dringt, wollen die USA nur allgemein gehaltene Appelle für mehr Energieeffizienz akzeptieren. "Es gibt unterschiedliche Ansichten diesseits und jenseits des Atlantiks über die verbindliche Vereinbarung von konkreten Grenzwerten und Benchmarks", räumte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht damit vor der Wahl, zentrale Vorschläge der deutschen G-8-Präsidentschaft für das Abschlussdokument aufzugeben oder es auf einen Eklat in Heiligendamm ankommen zu lassen.

Nach dem Willen der Bundesregierung sollten sich die Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten darauf festlegen, dass die Erderwärmung zwei Grad nicht überschreiten darf. Zudem sollten die G-8-Staaten sich verpflichten, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 50 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990 zu senken. Die Energieeffizienz soll demnach bis 2020 um 20 Prozent zunehmen. Erreichen will die Bundesregierung auch einen Ausbau des Emissionshandelssystems, das bisher weitgehend auf Europa beschränkt ist.

Bundesregierung verfolgt Ziele des EU-Gipfels

Vorbild sind dabei für die Bundesregierung die klaren Vorgaben des EU-Gipfels vom März, wenn auch mit Rücksicht auf die Haltung der USA, Russlands und wichtiger Schwellenländer nur in abgeschwächter Form. Angesichts des starken Widerstands aus Washington hat die Bundesregierung offenbar auch angeboten, auf die Festschreibung des Zwei-Grad-Ziels zu verzichten und stattdessen einen breiteren Temperaturkorridor anzugeben. Auch andere vorgeschlagene Formulierungen sollen vorsichtiger formuliert worden sein.

Die USA lehnen jedoch Zielvorgaben für Erderwärmung, CO2-Ausstoß und den Ausbau erneuerbarer Energien grundsätzlich ab. Auch von einem weltweiten Emissionshandel will die Regierung in Washington nichts wissen. Sie plädiert stattdessen für einen Aufruf zur Nutzung moderner Technologien, um die Energieeffizienz zu steigern. Argumentiert wird dabei auf US-Seite allerdings weniger mit dem Klimaschutz als mit notwendiger Energiesicherheit und größerer Unabhängigkeit von Rohstoffimporten. Nicht akzeptieren will die US-Regierung auch einen Passus, der den Vereinten Nationen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel zuweisen würde.

Kompromissbereitschaft der US-Regierung begrenzt

Die Kompromissbereitschaft der US-Regierung scheint dabei eng begrenzt zu sein. In internen Papieren wird in ungewöhnlich harschem Ton auf "rote Linien" hingewiesen, die Merkel mit ihren Vorschlägen klar überschreite. Angesichts der Tatsache, dass sich die Regierung von US-Präsident George W. Bush bis vor kurzem noch grundsätzlich weigerte, den Klimawandel überhaupt als Problem anzuerkennen, wird in Washington offensichtlich jeder Hinweis auf Maßnahmen zum Schutz des Weltklimas bereits als Zugeständnis betrachtet. Gern wird von US-Seite auch darauf hingewiesen, dass durch den Einsatz moderner Technik in jüngster Zeit Erfolge beim CO2-Ausstoß erreicht worden seien, während im vermeintlichen Klima-Musterland Deutschland die CO2-Emissionen zuletzt sogar wieder anstiegen seien.

In der Forderung nach mehr Energieeffizienz sind sich die Regierungen in Berlin und Washington denn auch weitgehend einig. Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht in technischen Lösungen zumindest einen der Schlüssel zur Reduzierung der Treibhausgase. Gemeinsam setzen Deutschland und die USA offenbar auch auf Unterstützung für Entwicklungsländer, die bereit sind, das Abbrennen ihrer Wälder zu stoppen. Allein dies könnte 20 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen vermeiden.

Nächste Klimakonferenz Ende des Jahres in Bali

Ein völliger Verzicht auf sonstige konkrete Vorgaben wäre gleichwohl für Merkel eine Niederlage. Schließlich gehen Deutschland und die Europäer davon aus, dass eine Vorreiterrolle der Industriestaaten die Voraussetzung dafür ist, Entwicklungs- und Schwellenländer beim Kampf gegen die Erderwärmung mit ins Boot zu holen. Letzteres aber ist auch Voraussetzung für einen Erfolg der UN-Klimakonferenz im Dezember in Bali. Gibt es auch dort keine Fortschritte, stünde der Kyoto-Prozess aus Sicht vieler Experten vor dem Scheitern. (Von Benno König, AFP)

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