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Gabrielle Giffords: In beiden Lagern beliebt

Die niedergeschossene Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords wird dem konservativen Lager der Demokraten zugerechnet. Wofür steht die 40-Jährige?

In den USA braucht man gewöhnlich nur den Wahlkreis und die Partei eines Politikers zu kennen, um verlässlich auf seine inhaltlichen Positionen zu schließen. Gabrielle Giffords entzieht sich diesem Schema. Die schlanke, blonde 40-Jährige aus Tucson, Arizona, verteidigt die Freiheit, Waffen zu tragen, und unterstützt das Militär mit dem Nachdruck einer Republikanerin. Und sie wirbt für Solarenergie und Präsident Barack Obamas Gesundheitsreform wie eine Progressive. Vor wenigen Tagen stimmte sie gegen die Wahl der bisherigen Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi zur Fraktionschefin der Demokraten, weil die ihr zu weit links steht. Giffords zählt zu den „Blue Dogs“: den Mitte-Rechts-Demokraten aus Staaten, die mehrheitlich republikanisch wählen wie Arizona. Wegen ihrer fröhlichen, offenen Art ist sie in beiden Lagern beliebt.

Sie ist praktizierende Jüdin und derzeit das einzige Kongressmitglied, das mit einem aktiven Soldaten verheiratet ist. Mark Kelly, den sie im November 2007, ein Jahr nach ihrer Wahl ins Abgeordnetenhaus, heiratete, ist Astronaut und war auf drei Shuttle-Missionen. Sein Zwillingsbruder Scott lebt gerade als Kommandant der Internationalen Raumstation im All. Giffords ist eine Cousine zweiten Grades der Schauspielerin Gwyneth Paltrow.

Sie wurde 1970 in Tucson geboren, wuchs konfessionell gemischt auf unter dem Einfluss der christlichen Mutter und des jüdischen Vaters. Als Erwachsene trat sie einer Reformsynagoge bei. Sie studierte Soziologie und Lateinamerikanische Geschichte in Kalifornien, Regionalplanung in New York und war Fulbright- Stipendiatin in Mexiko, wo sie Spanisch lernte. Nach wenigen Monaten als Entwicklungsplanerin beim Beratungskonzern Price-Waterhouse in New York kehrte sie mit 26 Jahren nach Tucson zurück und übernahm den Reifenhandel, den ihr Großvater 1940 gegründet hatte; der Sohn eines litauischen Rabbis, hatte sich vor dem Holocaust nach New York gerettet und war bald in den aufstrebenden Westen der USA weitergezogen. 2000 verkaufte sie „El Campo Tire“ und wurde Landtagsabgeordnete in Arizona. Als der legendäre republikanische Kongressabgeordnete Jim Kolbe 2006 nach 22 Jahren nicht mehr antrat, kandidierte sie für den Sitz und gewann ihn im Sog der Anti-Bush-Stimmung. Im November 2010 konnte sie das Mandat knapp verteidigen. Christoph von Marschall

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