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Gasstreit: Feilschen um Details

Der Disput ums Gas zwischen Russland und der Ukraine geht weiter. Jetzt gibt es Streit um den Einsatz von Gaskontrolleuren, die die Messstationen überwachen sollen.

Als „Wunder von Kiew“ lobten Experten das Verhandlungsgeschick von Mirek Topolanek. Der Tscheche, an dessen Land am 1. Januar der EU-Vorsitz überging, war am Samstag zwischen Kiew und Moskau hin und her gependelt und hatte Sonntag früh gegen 3 Uhr den Durchbruch im Gasstreit verkündet: Die Ukraine habe alle von Russland gestellten Bedingungen erfüllt. Die Lieferungen an Europa könnten in den nächsten 36 Stunden anlaufen.

Allerdings hatte das Wunder nur wenige Stunden bestand. Am Sonntagabend spitzte sich der Streit zwischen Moskau und Kiew erneut zu. Der russische Präsident Dmitri Medwedew setzte das Abkommen über den Einsatz von Gaskontrolleuren einseitig außer Kraft. Das Abkommen aber galt als Voraussetzung für die Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen über die Ukraine in den Westen. Als Grund nannte Medwedew einen Verstoß von ukrainischer Seite gegen das gerade ausgehandelte Dokument. Demnach hat die ukrainische Führung dem Abkommen einen Zusatz beigefügt, den Moskau als „verlogen“ kritisierte.

Dabei hat die Mission nach Auskunft der EU-Kommission ihre Arbeit bereits an mehreren Orten aufgenommen. Zwei Beobachterteams trafen den Angaben zufolge bei verschiedenen Messstationen auf russischem Gebiet ein. An der Westgrenze der Ukraine sollte die erste Gruppe noch am Abend ankommen.

Der russische Regierungschef Wladimir Putin protestierte in einem Telefonat mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gegen den von der Regierung in Kiew gemachten Zusatz. Die Ukraine habe mit der beigefügten Erklärung nicht nur den Sinn des von allen Seiten unterzeichneten Protokolls verfälscht, sondern auch Dinge angeführt, die mit dem Gasstreit nichts zu tun hätten. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte die „verlogenen Behauptungen“ der Ukraine, sie habe kein russisches Gas gestohlen und alle Lieferungen an die Europäische Union weitergeleitet.

In dem neuen Text heißt es, Kiew sei und bleibe für Europa ein verlässlicher Partner. Die Ukraine habe nach dem 1. Januar 2009 „auch nicht ein Gramm russischen Gases für den Eigenbedarf abgezweigt“. Eben damit aber hatte Russland die in der Nacht zum 7. Januar verfügte Einstellung der Lieferungen an Europa begründet. Der Ukraine könne daher auch nicht die Schuld für die in Europa aufgetretenen Engpässe angelastet werden, wurde die ukrainische Staatschefin Julia Timoschenko von der Kiewer Nachrichtenagentur Unian zitiert. Inzwischen sprang sogar Präsident Viktor Juschtschenko seiner Regierungschefin bei: Moskaus Vorwürfe wegen Gasdiebstahls seien inkorrekt und beleidigend. Wenn Putin Beweise dafür habe, solle er die Gerichte anrufen. Eine Einigung über neue Lieferbedingungen für russisches Gas an die Ukraine ist daher nicht in Sicht.

Am Montag werden die EU-Energieminister zu einer Sondersitzung in Brüssel zusammentreffen, um über die Lage zu beraten. Nach Schätzungen der EU-Kommission benötigt das Gas aus Russland – wenn es fließt – gut drei Tage, um bei den europäischen Verbrauchern anzukommen.Elke Windisch, Barbara Junge(mit dpa)

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