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Gazastreifen: Israel greift Beit Hanun erneut an

Einen Tag nach dem Rückzug der israelischen Armee aus der Stadt Beit Hanun im Gazastreifen sind dort bei einem weiteren israelischen Angriff 18 Palästinenser getötet worden.

Jerusalem - Unter den Opfern waren nach Angaben der palästinensischen Behörden auch vier Frauen und vier Kinder. Israels Regierungschef Ehud Olmert bedauerte den Tod palästinensischer Zivilisten. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas warf Israel vor, die Möglichkeiten für einen Frieden zu zerstören. Die palästinensischen Organisationen Hamas und Fatah riefen zur Vergeltung auf. Die Regierung in London bezeichnete den israelischen Einsatz als schwierig zu rechtfertigen.

Der israelische Artilleriebeschuss in Beit Hanun erfolgte am frühen Mittwochmorgen. Mehr als 20 Menschen wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums verletzt. Nach Angaben von Augenzeugen schlugen gegen 5:30 Uhr Ortszeit mindestens sechs Artilleriegeschosse in Wohnhäusern ein. Am Dienstag hatten sich die israelischen Verbände nach sechs Tagen aus der grenznahen Stadt zurückgezogen. 56 Palästinenser waren nach israelischen Armeeangaben bei der Offensive getötet worden. Die Armee habe während der Offensive große Mengen Waffen beschlagnahmt, darunter Raketenwerfer, Panzerabwehrraketen und Granaten.

Der israelische Regierungschef Olmert und Verteidigungsminister Amir Perez boten der Palästinenserführung "sofortige humanitäre und medizinische Unterstützung für die Verletzten" an, wie die Regierung erklärte. Perez habe Ermittlungen eingeleitet und angeordnet, dass die Armee ihren Beschuss im Gazastreifen solange einstelle, bis vollends aufgeklärt sei, wie der Einsatz zu diesem "tragischen Ende" kommen konnte. Ein Armeesprecher sagte, die Geschosse hätten auf einen Sektor gezielt, von dem zuvor Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden seien.

Hamas ruft zur Vergeltung auf

Die radikalislamische Hamas und ein Sprecher der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Abbas riefen zur Vergeltung auf. Hamas-Chef Chaled Meschaal verurteilte den Militäreinsatz als "Massaker". Nicht nur Israel, auch die Vereinigten Staaten seien dafür verantwortlich, weil die US-Regierung die israelischen Einsätze jüngst als Selbstverteidigung bezeichnet hatte, sagte er bei einer Pressekonferenz in der syrischen Hauptstadt Damaskus. "Wir rufen unsere Kämpfer in Tel Aviv, Jerusalem, Haifa, Jaffa und überall sonst zu Märtyrereinsätzen auf", sagte Hamas-Vertreter Nisar Rajan bei einer Demonstration in der Nähe von Beit Hanun. Abbas kritisierte Israel scharf: "Ihr wollt überhaupt keinen Frieden", sagte er in Gaza. "Ihr zerstört die Chancen für einen Frieden." Die Palästinenser seien mit ihrer Geduld am Ende. "Wir müssen unsere Stimme erheben und der ganzen Welt sagen, den Vereinten Nationen und Europa, dass sie diese grausamen Taten untersuchen, die Israel begeht."

Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija setzte die Gespräche über eine Regierung der nationalen Einheit mit der gemäßigten Fatah-Gruppierung aus. Die Hamas und die Fatah hatten sich erst am Montag darauf geeinigt, die Gespräche wiederaufzunehmen. Hanijah forderte den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenzukommen, "damit die Massaker an der palästinensischen Bevölkerung aufhören".

Großbritannien kritisiert Israels Angriff

Die britische Außenministerin Margaret Beckett zeigte sich "schwer beunruhigt" über den israelischen Einsatz. Israel sei verpflichtet, Schaden von Zivilisten fernzuhalten, erklärte sie in London. "Es leuchtet nur schwer ein, wozu dieser Einsatz gut sein sollte und wie er zu rechtfertigen ist." Andererseits dürfe es auch nicht sein, dass radikale Palästinenser weiterhin Raketen auf israelisches Gebiet feuerten. (tso/AFP)

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