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Politik: Geben ist selig

Firmen und Verbände sponsern den Bund mit über 90 Millionen Euro – vor allem die FDP-geführten Ministerien haben treue Fans

Berlin – Weniger Korruption, mehr Transparenz – dafür soll nach dem Willen der Bundesregierung der Sponsoringbericht stehen, der die Fördermittel Privater für den Bund verzeichnet. Mitten in der Urlaubszeit und später als üblich hat das Bundesinnenministerium kürzlich den vierten Bericht veröffentlicht. Nach der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Förderung von Tätigkeiten des Bundes durch Leistungen Privater (Sponsoring, Spenden und sonstige Schenkungen)“ vom Juli 2003 muss die Bundesregierung ihn alle zwei Jahre vorlegen. Für 2009 und 2010 erfasst die Statistik Sponsoringleistungen in Höhe von 93,4 Millionen Euro, eine Steigerung um mehr als 16 Prozent gegenüber dem letzten Bericht. Und dabei werden nur solche Leistungen gelistet, die einen Grenzwert von 5000 Euro übersteigen.

An der Spitze liegt erneut das Bundesgesundheitsministerium mit Zuflüssen in Höhe von 61,2 Millionen Euro. Danach kommen der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (13,2 Mio. Euro), gefolgt vom Auswärtigen Amt (3,5 Mio. Euro). So ließ sich laut dem 104-seitigen Bericht etwa auch das Bundespräsidialamt sein Sommerfest im letzten Jahr mit insgesamt 155 000 Euro von der Vattenfall Europe AG, der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, dem Verband der forschenden Arzneimittelhersteller und der EADS Deutschland GmbH sponsern. Der deutsche Ableger des Raumfahrt- und Rüstungskonzerns EADS war auch einer der Sponsoren der Botschafterkonferenz 2010 des Auswärtigen Amtes. Für die Veranstaltung leistete die „McDonald’s Promotions GmbH & Co. KG“ eine „Sachleistung“ und einen „Beitrag zum Kulturabend“.

Zu den Finanziers eines „Empfangs anlässlich der Begehung des Tags der Deutschen Einheit 2010“ gehörte laut dem Bericht auch der Geber „EADS (Cassidian)“. Der EADS-Geschäftsbereich „Cassidian“ stellt unter anderem Lenkwaffen vom Typ MBDA her und ist am Projekt „Eurofighter Typhoon“ beteiligt. Wie der „Spiegel“ im April berichtete, trägt Cassidian auch die finanziellen Aufwendungen eines politisch umstrittenen Auslandseinsatzes der Bundespolizei in Saudi-Arabien.

Auffällig an dem Bericht sind Überschneidungen zwischen den Namen der Sponsoren von FDP-Ministerien und den Ausstellern und Sponsoren von FDP-Bundesparteitagen. So erhielt eine in dem Bericht nicht näher bezeichnete Behörde im Geschäftsbereich des FDP-geführten Bundesgesundheitsministeriums zehn Millionen Euro vom Verband der privaten Krankenversicherung für eine nationale „Kampagne zur Alkoholprävention 2010“. Der Lobbyverband gehört auch zu den Ausstellern und Sponsoren des 60. Bundesparteitags der FDP, der im Mai 2009 innerhalb des Berichtszeitraums stattfand.

Das ebenfalls FDP-geführte Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) konnte sich über 10 000 Euro von der Solarworld AG für die Unterstützung für die Ausrichtung der Veranstaltung „Engagement fairbindet – Gemeinsam für Entwicklung“ freuen. Im Januar 2010 berichtete der „Spiegel“, die Firma Solarworld habe ein Abendessen für potenzielle FDP-Spender organisiert, an der auch FDP-Parteichef Guido Westerwelle und der Solarworld-Chef Frank Asbeck teilgenommen hätten. Die Solarworld AG hat ihren Sitz in Bonn, wo das BMZ seinen Sitz und Westerwelle seinen Wahlkreis hat. Die von Solarworld unterstützte BMZ-Veranstaltung wurde auch mit 30 000 Euro von dem Autobahnraststätten- und Tankstellenbetreiber Tank und Rast unterstützt. Dieser gehörte zu den Sponsoren und Ausstellern des 59. und des 60. FDP-Bundesparteitags.

Der Sponsoringbericht enthält aber auch kostenfreie Auftritte von Unterhaltungskünstlern wie etwa den des Popsängers Xavier Naidoo mit Band beim Deutschen Einsatzkontingent Isaf im afghanischen Mazar-e-Sharif und in Kundus im Wert von 50 000 Euro. Im deutschen Stützpunkt in Mazar-e-Sharif sang Naidoo einer Pressemitteilung der Bundesregierung zufolge auch ein Lied mit dem Titel „Alle Männer müssen kämpfen“ an. Der Komiker Bernhard Hoecker flog dem Bericht zufolge vier Tage nach Mazar-e-Sharif für ein Unterhaltungsprogramm im Wert von 10 000 Euro, gefolgt von seinem Künstlerkollegen „Ausbilder Schmidt“, der für fünf Tage nach Mazar-e-Sharif, Kundus und Termez kam. Wert: 25 000 Euro.

Auch zwei öffentlich-rechtliche Sender hatten offenbar genug Geld, um die Bundesregierung finanziell zu unterstützen. So stellte das Inforadio des Rundfunks Berlin Brandenburg unter anderem Dienst- und Sachleistungen im Rahmen der Bewerbung der Sonderausstellungen „Tödliche Medizin“ und „Zwangsarbeit“ zur Verfügung. Das Hauptstadtstudio des ZDF, jenes Senders, der die Politserie „Kanzleramt“ inszenierte, spendete dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der sein Büro im Kanzleramt hat, rund 12 000 Euro für eine „Restaurierung“.

Auch das Bundesverfassungsgericht bekam privates Geld, insgesamt 107 535 Euro. Es handele sich dabei um Leistungen, „deren Anzahl nicht beziffert ist“. Verwendungsschwerpunkt sei die „Ergänzung der Ausstattung von Bibliotheken“ gewesen, so der Bericht.

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