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Politik: Gefängnis-Proteste in Türkei: Umgeben von einer Mauer des Schweigens

Mit Rasierwasser und Zeitungspapier entfachte der türkische Häftling Fethi Ates am Sonntag ein Feuer in seiner Zelle und steckte sich dann selbst in Brand. Mit schweren Verbrennungen wurde er ins Krankenhaus eingeliefert - das jüngste Opfer im Kampf um die türkischen Gefängnisse, der inzwischen fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.

Mit Rasierwasser und Zeitungspapier entfachte der türkische Häftling Fethi Ates am Sonntag ein Feuer in seiner Zelle und steckte sich dann selbst in Brand. Mit schweren Verbrennungen wurde er ins Krankenhaus eingeliefert - das jüngste Opfer im Kampf um die türkischen Gefängnisse, der inzwischen fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Mit Gewalt hatten die Sicherheitskräfte im Dezember rund 1000 linksextremistische Häftlinge in die neuen Gefängnisse des so genannten F-Typs verlegt; dabei kamen mindestens 30 Menschen ums Leben. Die Proteste der Gefangenen gegen die neuen Haftanstalten gehen auch nach der Verlegung weiter; weil Justiz und Behörden den Medien einen Maulkorb verpasst haben, sickert über die Auseinandersetzungen hinter Gittern aber nur noch wenig durch. Die Situation in den türkischen Gefängnissen zählt zu den Themen, die Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin beim Besuch ihres türkischen Amtskollegen Hikmet Sami Türk ansprechen wollte, der am Montag zu einer zweitägigen Visite nach Berlin reiste.

Hunderte Gefangene in den F-Typ-Gefängnissen sind weiterhin im Hungerstreik gegen das Zellensystem, das in den neuen Haftanstalten die bisherigen Schlafsäle ersetzt. "Wir werden die F-Typ-Isloationshaft niemals akzeptieren", erklärten die "Revolutionären Gefangenen" letzte Woche. "Unser Widerstand wird fortgesetzt bis unsere Forderungen erfüllt sind - egal wie hoch der Preis ist."

Während die Regierung den Sturm auf die Gefängnisse im Dezember noch mit der Notwendigkeit begründet hatte, das Leben der Hungerstreikenden zu retten, ist das anhaltende Todesfasten hinter Gittern inzwischen kein Thema mehr. Von einer "Mauer des Schweigens" um die Gefängnisse spricht die türkische Presse. Grund ist eine Nachrichtensperre, die das Staatssicherheitsgericht von Istanbul und die Rundfunkaufsicht im Dezember erlassen hatten. Von der Justiz kann die Berichterstattung über die Gefängnis-Proteste nun als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung geahndet werden, von der Rundfunkaufsicht mit einem Sendeverbot. Die Warnung wurde jetzt vom Justizministerium bekräftigt: Die Medien sollten sich vor der Verbreitung terroristischer Propaganda hüten, mahnte das Ministerium vor der Abreise Türks nach Berlin.

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