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Politik: Geheime CIA-Verhöre weiter möglich

US-Präsident Bush und Senatoren legen Streit über Umgang mit Terrorverdächtigen bei

Die USA werden weiter hochrangige Terrorverdächtige in geheimen CIA-Gefängnissen verhören. Doch die Regeln, wo und wann Verstöße gegen die Genfer Konvention beginnen, werden enger ausgelegt, und in Strafprozessen muss die Verteidigung über „geheimes“ Belastungsmaterial informiert werden. Mit diesem Kompromiss haben Präsident George W. Bush und die republikanischen Senatoren John McCain, Lindsey Graham und John Warner ihren Streit über die Gefangenenpolitik beigelegt. In der kommenden Woche soll der Kongress das Gesetz verabschieden, bevor das Parlament in die Pause vor der Kongresswahl am 7. November geht.

Die Details des Kompromisses sind noch nicht alle bekannt. Die US-Medien sind sich nicht einig, wer Sieger des ungewöhnlichen Streits zwischen Präsident und Senatoren der eigenen Partei ist. Die „New York Times“ meint, die Senatoren hätten sich durchgesetzt mit ihrer Forderung nach uneingeschränkter Geltung der Genfer Konvention. Die „Washington Post“ betont, die Misshandlung Gefangener könne nun ganz legal weitergehen, denn Bush habe Interpretationspielraum, wo der verbotene „grausame“ oder „entwürdigende“ Umgang beginne.

Ein Gesetz über den Umgang mit gefangenen Terrorverdächtigen und die Regeln für die Militärtribunale zu ihrer Aburteilung hatte der Supreme Court der USA im Juni gefordert. Die Obersten Richter urteilten damals, der Präsident könne Militärtribunale nicht per Dekret und ohne Kongress-Mitwirkung einsetzen. Sie widersprachen auch Bushs Auffassung, Terrorgefangene hätten keinen Anspruch auf Schutz durch die Genfer Konvention. Anfang September forderte der Präsident vom Kongress, die von ihm angeordnete Praxis der letzten fünf Jahre noch vor der Sitzungspause per Gesetz zu autorisieren. Er setzte auf Powerplay kurz vor dem fünften Jahrestag der Anschläge von 9/11. Wer die geforderten Mittel verweigere, trage die Verantwortung, dass er die CIA-Programme zum Schutz Amerikas vor neuen Angriffen einstellen müsse, setzte er die Politiker kurz vor der Wahl unter Druck. Dabei bestätigte er erstmals Berichte über ein Programm, in dem die CIA seit 2001 rund 100 Topterroristen in Geheimgefängnissen verhört habe.

Die Demokraten blieben passiv; sie fürchteten, im Wahlkampf als „weich“ in Sicherheitsfragen vorgeführt zu werden. Doch die drei republikanischen „Rebellen“ widersetzten sich. McCain gilt als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat der Partei 2008. Er war in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft gefoltert worden und fordert, die USA müssten internationale Standards wie die Genfer Konvention beachten, um glaubwürdig humane Behandlung für US-Soldaten in fremder Gefangenschaft fordern können. Graham ist Ex-Militärrichter, Warner Vorsitzender des zuständigen Senatsausschusses.

Beide Seiten behaupten, sie hätten ihre Ziele durchgesetzt. Laut Bush können die geheimen CIA-Programme weitergehen. McCain betont, die Genfer Konvention werde „in ihrer Gänze nach Buchstaben und Sinn“ angewandt. Nach Medienberichten hat man sich auf eine Liste von Verhörmaßnahmen geeinigt, die als krimineller Verstoß gegen die Genfer Konvention und den auf ihr fußenden „War Crime Act“ der USA gelten. Sie sei deutlich enger gefasst als Bushs bisherige Interpretation. Gestritten wurde um Worte. Das Weiße Haus wollte Maßnahmen verbieten, die „harte“ Schmerzen verursachen und „lang anhaltende Schäden“ auslösen. Die Senatoren setzten das Verbot „ernster“ Pein durch und jeder Behandlung mit „nicht vorübergehenden Folgen“. Bush behält ein Interpretationsrecht, was darunter fällt. Doch muss er die Liste im Gesetzblatt publizieren, um öffentliche Kontrolle zu ermöglichen.

Auch bei den Militärtribunalen musste Bush nachgeben. Er wollte angeklagten Terroristen Belastungsmaterial aus geheimen Quellen vorenthalten, es aber im Urteil berücksichtigen lassen. Nun müssen alle Beweise der Verteidigung zumindest summarisch offen gelegt werden.

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