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Politik: „Gehört uns jetzt ’ne Bank?“

Auch Berlusconis Gegner sind nun in einen Finanzskandal verwickelt – drei Monate vor der Wahl

„Na, Gianni, gehört uns jetzt ’ne Bank?“ Diese kleine Frage genügte, um in Italien einen politischen Hurrikan zu entfesseln. Ungehemmt braust er übers Land und lässt, drei Monate vor der Parlamentswahl, kaum einen Stein auf dem anderen.

Äußerlich schuld daran ist Piero Fassino, Generalsekretär der Linksdemokraten, der größten Oppositionspartei. Er hatte telefonisch bei Giovanni Consorte nachgefragt, ob dieser schon erfolgreich war mit seinem Versuch, eine größere italienische Bank aufzukaufen. Consorte leitete Unipol, den drittgrößten italienischen Versicherungskonzern. Gegründet von einem Kommunisten, gilt der genossenschaftlich getragene Konzern zwar immer schon als „rote“ Bastion – aber dass Fassino im polizeilich abgehörten Telefonat ausdrücklich von „wir“ und von „uns“ sprach, nährte den Verdacht, Linksdemokraten und Finanz seien entgegen allen Beteuerungen aufs engste miteinander verfilzt. Erinnerungen kommen auf an den riesigen Parteispendenskandal „Tangentopoli“, der 1992/93 fast die gesamte politische Klasse des Landes hinwegfegte.

Zwar beteuern Fassino und vor allem sein Parteipräsident Massimo D’Alema, die Linksdemokraten hätten sich „absolut nichts zuschulden kommen lassen“; die „moralische Überlegenheit“ sei „nicht in Gefahr“. Regierungschef Silvio Berlusconi indes ist mit großem Aplomb zu der ihm eigentlich verhassten Staatsanwaltschaft von Mailand gezogen, um seine Gegner krimineller Machenschaften zu zeihen.

Umfragen zufolge hat der Ruf der Linken tatsächlich gelitten: Ihre Glaubwürdigkeit, antworten die Befragten, sei nicht viel größer als die Berlusconis. Regierende wie Opposition verknüpften Politik und Geschäft auf gleich fatale Weise; es seien „eben alle gleich“. Und Berlusconi sieht seine verloren geglaubten Wahlchancen steigen – so sehr, dass er sich schon wieder kühne Aussagen leistet. Er persönlich, sagt er, habe „mit der Politik niemals Geschäfte gemacht.“

Wohin aber flossen die angeblich bis zu 50 Millionen Euro, die Consorte seit 2001 aus „Beratertätigkeiten“ erhalten hat? Die Ermittler fanden in der Schweiz etliche Konten, an der Côte d’Azur eine Villa. Aber der Rest? „Wir unterhalten keine Konten in der Schweiz“, sagt Parteisekretär Fassino: „Wir sind rechtschaffene Leute.“ Aufgefallen ist aber auch das Engagement, mit dem Parteipräsident D’Alema die Expansionspläne seines Freundes Consorte öffentlich unterstützt hat. „Er wollte damit die ganze Parteispitze auf seine Linie zwingen“, maulen die Ultralinken, die innerparteiliche Opposition bei den Linksdemokraten. Und dann habe D’Alema sich auch noch, mitten im Wahlkampf, gegen jede Kritik und Selbstkritik eingemauert.

In die Zange genommen werden die stolzen Linksdemokraten auch von den anderen Parteien im Oppositionsbündnis. Von ganz links bemerkt Kommunistenchef Fausto Bertinotti, es sei „eine weitere Mauer gefallen“, das Vorurteil nämlich, dass genossenschaftliche Unternehmen als solche schon „gute“ Unternehmen seien; die Linken sollten, so Bertinotti sinngemäß, endlich ihr Nicht- Fisch-nicht-Fleisch-Verhältnis zur Wirtschaft bereinigen. Auch Oppositionsführer und Spitzenkandidat Romano Prodi mahnt eine offene, „moralisch ehrenhafte“ Diskussion an: „Wir müssen uns neue Regeln und neue Grenzen setzen.“

Ein anderer wartet nur, diesmal auffällig schweigsam, auf seine Stunde: Francesco Rutelli, der ehrgeizige Zentrist im Oppositionsbündnis, rechnet bei einer Schwächung der Linksdemokraten damit, die Führungsrolle könnte doch noch ihm und seiner Sammelpartei Margerite zufallen. Prodi selbst ist zwar Spitzenkandidat, hat aber keine Hausmacht.

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