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Politik: Gelernt ist gelernt

Von Susanne Vieth-Entus

Die Schulen sind besser geworden. Viel besser sogar. Innerhalb von drei Jahren haben die 15-jährigen Schüler dieses Landes schwer aufgeholt: in Mathematik, beim Lesen, bei ihrer Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen, und in den Naturwissenschaften. Das sind gute Nachrichten. Sie zeigen, dass es so verheerend um das verkrustete Bildungssystem nicht bestellt sein kann: Immerhin ist es in der Lage sich zu bewegen, und das schnell. Sachsen-Anhalt zum Beispiel, bei der ersten Pisa-Studie im hinteren Feld, hat sich ins gute Mittelfeld hochgearbeitet. Statt zehn sind jetzt nur noch vier Bundesländer schlechter als der Pisa-Durchschnitt.

Das heißt immer noch nicht, dass nun alles gut ist, im Gegenteil. Eine Frage ist noch deutlicher – und in den deutschen Großstädten wohl auch noch quälender geworden: Haben die Bildungspolitiker, haben die Lehrer wirklich begriffen, was Bildung ist? Und sind sie heute besser als noch vor drei Jahren in der Lage, diesen Schlüssel allen Schülern zur Verfügung zu stellen? Ob die Zahl der Migranten- und der verwahrlosten Kinder gesunken ist, die weder ordentliches Deutsch sprechen noch Rechenaufgaben lösen können, die aus dem Schulalltag ausscheren, kann noch niemand sagen.

Eines aber lässt sich seit gestern sicher sagen: Mit den bildungspolitischen Pilgerreisen Richtung Finnland dürfte es erst einmal vorbei sein. Zwar liegt Finnland weiterhin vorn. Aber Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg sind so nah an das nordeuropäische Spitzenland herangerückt, dass man sich fragen muss: Wozu mit finnischen Lehrern radebrechen oder finnische Zwergschulen besuchen, wenn man auch in München oder Stuttgart erleben kann, wie erfolgreiche Schule funktionieren kann.

Der zweite Pisa-Durchgang taugt aber nicht nur zu einer Entmythifizierung des finnischen Schulerfolgs. Viel wichtiger ist eine Nachricht, die bildungspolitisch mehr als brisant ist: Im Gegensatz zur ersten Pisa-Studie, die die Gesamtschule als überaus leistungsfähiges Schulmodell empfahl, zeigt sich nun, dass alle deutschen Länder, die über dem OECD-Schnitt liegen, eins gemeinsam haben: Sie verzichten auf Gesamtschulen.Wer bisher behaupten konnte, der bayerische Pisa-Erfolg habe nur etwas mit der blühenden Wirtschaft und nichts mit dem gegliederten Schulsystem zu tun, muss jetzt genauer hinsehen: Schließlich haben es auch Länder wie Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschafft, sich trotz schlechterer Sozialdaten bei Pisa hochzuarbeiten. Sie alle haben keine Gesamtschulen. Richtig schlecht stehen dagegen Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Berlin da: alles Länder, die sich klar für Gesamtschulen ausgesprochen haben. Brandenburg kann sich noch nicht einmal mit einer hohen Ausländerrate herausreden. Dafür hat es die höchste deutsche Gesamtschulquote von fast 50 Prozent.

Insgesamt aber hat Deutschland in erstaunlich kurzer Zeit erstaunlich viel richtig gemacht. Offenbar hat allein der Bewusstseinswandel seit der ersten Pisa- Studie dazu beigetragen, dass die Ergebnisse besser wurden. Auch die Vergleichsarbeiten und neue Unterrichtsmethoden haben ihre Wirkung getan. Man muss kein Optimist sein, wenn man für die Zukunft noch bessere Ergebnisse erwartet. Denn in weiteren drei oder sechs Jahren werden sich die Langzeitreformen auswirken: der Ausbau der Ganztagsschule, die stärkere Qualitätskontrolle und die bessere Lehrerausbildung.

Gelernt ist gelernt

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