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Politik: Gen-Food: Eine Frage der Etiketten

Eigentlich ist Handel ganz einfach. Einer hat ein Produkt, das er verkaufen will.

Eigentlich ist Handel ganz einfach. Einer hat ein Produkt, das er verkaufen will. Ein anderer hat das Geld und den Wunsch, es zu kaufen. So weit die Theorie. Doch spätestens wenn zwischen Produzent und Käufer eine Grenze liegt, kann dieses Geschäft kompliziert werden. Denn überall gelten andere Anforderungen an ein Produkt, das in den Handel gelangen darf. Um solche Hindernisse zu überwinden, ist die Welthandels-Organisation (WTO) gegründet worden. Ein Teil davon ist der "Codex Alimentarius", der Normen für Lebensmittel definiert. In der vergangenen Woche hat die Codex-Alimentarius-Kommission in Genf getagt.

Die Erfolge der Konferenz passen auf ein DIN-A-4-Blatt: Die Grenzwerte für Pilzgifte in der Milch sind angehoben worden, wenn auch nicht so hoch, wie die Europäische Union es gefordert hatte. Und auch für Schwermetalle wie Kadmium oder Blei in Nahrungsmitteln gelten nun weltweit einheitliche Grenzwerte. Sogar beim höchst umstrittenen Thema Gen-Food kann der Codex zwei, wenn auch weniger bahnbrechende, Erfolge melden. Gentechnisch veränderte Lebensmittel dürfen künftig weltweit nur noch dann auf den Markt gebracht werden, wenn sie zuvor von einer staatlichen Stelle getestet und zugelassen worden sind. Die Bestandteile von Lebensmitteln müssen besser kenntlich gemacht werden. Zumindest dann, wenn wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass ein Produkt aus transgenen Pflanzen oder Nahrungsmittel, die mit gentechnischen Verfahren erzeugt werden, Allergien auslösen können. Denn nur dann können empfindliche Menschen auf für sie schädliche Lebensmittel verzichten.

Abgesehen davon sind die Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA, Kanada und Argentinien auf der einen und der Europäischen Union und Japan auf der anderen Seite größer als je zuvor. "Die Positionen verschärfen sich", stellt Hanspeter Schmidt fest. Der Freiburger Rechtsanwalt war im vergangenen Jahr bei den Codex-Verhandlungen Mitglied der deutschen Verhandlungskommission. Ihm ging es dabei vor allem um die Frage, wie können ökologisch erzeugte Lebensmittel auch dann noch "gentechnik-frei" bleiben, wenn auch in Europa der Anbau von transgenen Pflanzen im großen Stil zugelassen wird. Die Europäische Kommission hat erst in der vergangenen Woche vorgeschlagen, alle Produkte, die mittels der Gentechnik oder aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt werden, zu kennzeichnen. Schmidt hält das für "legislatorischen Aktionismus", weil dann bald alle Lebensmittel als Gen-Food gekennzeichnet werden müssten, eine Kennzeichnung also sinnlos würde.

Für die USA liegt der Fall ganz anders. Sie halten diese Kennzeichnungsvorschläge für einen billigen Trick der Europäer, ihre Märkte vor den Produkten aus den USA zu schützen. Die Positionen sind völlig unvereinbar. Und da der Codex nur im Konsens entscheiden kann, dürfte eine einheitliche Norm in absehbarer Zeit nicht möglich sein.

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