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Generalinspekteur Wieker: Der unbekannte Soldat

Der Wechsel im Amt, sagt der Verteidigungsminister, gehöre zum Alltag der Bundeswehr. Was Guttenberg am Donnerstagabend vollzieht, ist aber ganz entschieden keine alltägliche Sache. Bei der Einführung des neuen Generalinspekteurs Wieker ist der Grund nur allzu präsent.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Michael Schmidt

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg selbst spielt darauf an, indirekt, aber überdeutlich. „Bei Ihnen sehe ich meinen Anspruch auf Klarheit und Wahrheit erfüllt“, sagt er in Volker Wiekers Richtung. Jeder der gut 200 Gäste im Kasino des Bendlerblocks kann den Satz selbst zu Ende bringen. Wiekers Vorgänger Wolfgang Schneiderhan musste schließlich seinen Rücktritt einreichen, weil Guttenberg fand, der oberste Militär habe ihm in der Kundus-Affäre wichtige Unterlagen vorenthalten. Schneiderhan ist natürlich nicht gekommen an diesem Abend. Franz Josef Jung ist aber da, den der Vorgang auch das Amt gekostet hat.

Dem 55-jährigen Heeresgeneral Wieker dürfte spätestens in dem Moment klar geworden sein, dass sein letzter Dienstposten als Stabschef der Afghanistan-Schutztruppe Isaf in Kabul im Vergleich zur neuen Aufgabe überschaubar zu nennen ist. Der gebürtige Oldenburger, seit 35 Jahren Soldat, weiß als erster Generalinspekteur aus eigener Anschauung, was es heißt, wenn von der Bundeswehr als einer „Armee im Einsatz“ die Rede ist. Bosnien, Kosovo, Afghanistan – der Artillerieoffizier hat an den Brennpunkten dieser Welt in Führungsverantwortung gestanden. Sein letzter Chef, der amerikanische Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal, hat ihn gerade erst als „Glücksgriff für das deutsche Militär“ gelobt. Als soliden Handwerker seines Fachs, loyal und bei der Truppe geschätzt und beliebt, so beschreibt ihn sein neuer Vorgesetzter.

Guttenberg umreißt auch die Aufgaben, vor denen Wieker steht – Verkürzung der Wehrpflicht, noch bessere und konsequentere Ausrichtung der Armee auf den Einsatz als Normalfall, und das alles bei knappen Kassen. „Langeweile wird es nicht geben“, sagt der Politiker dem General voraus.

Wieker dankt kurz und schnörkellos. Ein Gruß an Volker Rühe, der seinem einstigen Adjutanten zu Ehren gekommen ist. Das Versprechen, für alle Soldaten ein offenes Ohr und eine offene Tür zu haben. Das Versprechen, dem Minister und der Bundesregierung ein „stets aufrichtiger und verlässlicher Berater“ zu sein. Überhaupt: eine „Kultur der Offenheit und Transparenz“ soll in den Bendlerblock einziehen, nach innen, aber auch nach außen. Das Urteilsvermögen der Bevölkerung solle niemand unterschätzen, sagt der General, so wenig wie das Gespür der Truppe.

Offenheit, Transparenz – das wird Guttenberg gerne hören. Mit dem Anspruch ist er schließlich selbst in dieses Ministerium gegangen, das oft eher als Hort der Geheimnistuerei erscheint. Und noch etwas dürfte Guttenberg sehr gern gehört haben. In der kurzen Pressekonferenz nach der Amtseinführung ist die erste Frage an Wieker, ob es Aufgabe der Bundeswehr in Afghanistan sei, Gegner zu vernichten. „Natürlich gehört das nicht dazu!“ sagt der General. Alle Richtlinien und Operationspläne der Isaf zielten auf den Schutz der Bevölkerung ab: „Das ist unsere Aufgabe!“

Wenn Guttenberg demnächst im Kundus-Untersuchungsausschuss also einen Zeugen für seine aktuelle Einschätzung braucht, dass das Bombardieren von Lastwagen-Entführern „militärisch nicht angemessen“ war, kann er seinen neuen obersten Soldat zitieren. Zu dem Vorfall selbst will Wieker nichts sagen: Das könne bei laufenden Untersuchungsverfahren niemand von ihm erwarten.

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