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Politik: Genossen verteidigen demokratischen Sozialismus

SPD-Funktionäre warnen davor, den Begriff im Grundsatzprogramm „einfach auszuradieren“ / Widerstand gegen Vorschlag von Generalsekretär Scholz nimmt zu

Berlin (mfk/dpa). SPDGeneralsekretär Olaf Scholz trifft mit seinen Überlegungen zur sozialen Gerechtigkeit in seiner Partei zunehmend auf Widerspruch. Der Landeschef der nordrhein-westfälischen SPD, Harald Schartau, ermahnte Scholz zur Zurückhaltung: „Die SPD sollte sich nicht in eine Diskussion mit Überschriften verzetteln“, sagte Schartau der „Rheinischen Post“. Scholz hatte sich für eine Streichung des Ziels eines demokratischen Sozialismus aus dem Parteiprogramm ausgesprochen. Zwar unterstrich auch Schartau, es sei nötig, dass sich die SPD zu einer Partei erneuere, „die die Veränderung in unserer Gesellschaft gestaltet“. Dafür aber müsse es einen „sozialdemokratischen Weg“ geben. „Wir sollten nicht einfach bei der britischen Labour-Party abgucken.“

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler betonte, der Terminus „demokratischer Sozialismus“ bleibe für ihn „unverzichtbar“. Der Begriff habe eine geschichtliche Bedeutung für die SPD. „Den kann man nicht so einfach ausradieren“, sagte Erler dem Tagesspiegel. Die Fragen, die Scholz nun angesprochen habe, könne man nicht „durch Zuwurf in der Öffentlichkeit“ klären. „Das gehört in die zuständigen Gremien der SPD. Dafür sind diese schließlich da“, sagte der Parteilinke. Auch Erlers Kollege Michael Müller warnte die Partei davor, mit einem Abschied vom Sozialen ihre Identität aufzugeben. Er halte an den Begriffen soziale Gerechtigkeit und demokratischer Sozialismus als Programmkern der SPD fest, sagte Müller im Deutschlandradio Berlin. Eine Aufgabe der Begriffe wäre so, „als wenn die CDU das C aus ihrem Namen streicht“.

Scharfe Kritik an Scholz übte der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold. Die SPD würde sich einen Bärendienst erweisen, wenn sie diesen traditionsreichen Begriff, den sie 140 Jahre lang verteidigt hat, jetzt aufgeben würde, sagte der bayerische Juso-Chef der „Passauer Neuen Presse“. Er wolle der SPD zwar nicht empfehlen, mit dem Begriff des demokratischen Sozialismus in den nächsten Wahlkampf zu gehen. Der Begriff müsse aber neu aufgefüllt werden. Wir müssen deutlich machen, dass ein Mehr an Gerechtigkeit und Gleichheit nicht auf Kosten der Freiheit geht, sagte der Parteilinke, der den SPD-internen Widerstand gegen die Reform-„Agenda 2010“ von Bundeskanzler Gerhard Schröder mitorganisiert hatte. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Horst Kubatschka kündigte an, sich gegen den Generalsekretär zu stellen: „Mein Kollege Scholz will die Partei weiter nach rechts rücken. Da werde ich dagegen halten – zusammen mit anderen.“

Scholz hatte im Magazin „Stern“ gesagt: „Die soziale Verteilungsgerechtigkeit ist weit vorangekommen. Im 21. Jahrhundert müssen wir die Blickrichtung wechseln.“ Und weiter: „Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen die Chance auf Teilhabe an Bildung und Arbeit haben.“ Mit Blick auf das im Grundsatzprogramm verankerte Ziel des „demokratischen Sozialismus“ erklärte Scholz: „Ich glaube, dass der Begriff für die Zukunft nur eine geringe Aussagequalität hat.“

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