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George W. Bush: Gnade als letzter Akt

George W. Bush bleiben noch rund 70 Tage im Amt, dann muss er aus dem Weißen Haus ausziehen. Was kann er bis dahin noch entscheiden, und wie haben seine Vorgänger diese Zeit genutzt?

Wenn im US-Fernsehen in staatstragendem Ton von Barack Obama als „President-Elect“, dem gewählten Präsidenten, gesprochen wird, klingt es so, als sitze er schon im Weißen Haus. Doch noch residiert dort George W. Bush – und bis zum 20. Januar 2009 bleibt er der mächtigste Mann der Welt.

Allerdings wird sich die Art, wie in Washington Entscheidungen getroffen werden, rasch verändern. Bereits jetzt organisieren erfahrene Beamte die Übergabe. Neben dem Präsidenten und den Ministern werden auch Tausende politische Beamte ausgewechselt. Ein Gesetz verpflichtet die Bush-Regierung, die Organisationskosten zu zahlen – rund acht Millionen Dollar. Unter anderem werden Tausende Quadratmeter an Büroflächen für Abgesandte des Obama-Lagers gemietet, die dort Gespräche mit Vertretern der Bush-Regierung führen werden.

Wer regiert in den letzten Tagen von Bushs Amtszeit?

Spätestens am 17. November könnte sich zeigen, ob das Land faktisch bereits von Obama regiert wird oder ob Bush versucht, bis zuletzt seine Macht auszuspielen. Dann wird der Kongress zu einer kurzen Sitzungswoche zusammenkommen. Die Demokraten arbeiten an einem weiteren Konjunkturpaket in Höhe von bis zu 100 Milliarden Dollar. Damit wollen sie Straßen und Brücken bauen sowie die öffentliche Beschäftigung ausweiten.

Die Bush-Regierung droht, das Paket per Veto zu verhindern. Jedoch diskutieren die Demokraten darüber, den scheidenden Präsidenten unter Druck zu setzen. Es gebe einige Vorhaben, die Bush noch durchsetzen wolle, etwa ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien, heißt es. Bisher blockiert die demokratische Mehrheit das Abkommen. Möglicherweise kommt es hier zu einem Gegengeschäft.

Letzte Amtshandlung: Massen-Begnadigungen

Vollkommen frei ist Bush in seiner Entscheidung, in den verbleibenden 74 Tagen seiner Amtszeit großzügig Begnadigungen auszusprechen. Schon George Bush senior hatte in seinen letzten Wochen im Weißen Haus über 40 „Pardons“ gewährt – und wurde darin nur von Bill Clinton übertroffen, der an seinem letzten Amtstag 140 Gnadenakte aussprach. Beide Präsidenten wurden dafür scharf kritisiert. Denn sie trafen höchst problematische Entscheidungen. Bush senior begnadigte sechs Mitarbeiter der Reagan-Administration, die im Zusammenhang mit der Iran-Contra-Affäre verurteilt worden waren. Clinton schreckte nicht davor zurück, eine nachträgliche Amnestie für seinen Bruder Roger auszusprechen, der in den 80ern eine einjährige Haftstrafe wegen Kokainbesitzes abgesessen hatte. Außerdem begnadigte er die als Terroristin verurteilte Milliardärstochter Patty Hearst und den Steuerflüchtling Marc Rich, der die Clinton- Kampagne mit Geld unterstützt hatte.

Im Vergleich zu seinen unmittelbaren Vorgängern hat George W. Bush bisher sein Gnadenrecht selten genutzt. Doch auch er fällte eine höchst umstrittene Entscheidung. Er hob 2007 die Haftstrafe für Lewis Libby auf, Ex-Stabschef von Vizepräsident Dick Cheney, der wegen Meineids zu 30 Monaten Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden war. Bush sorgte mit der Entscheidung dafür, dass Libby nicht ins Gefängnis musste, die Verurteilung blieb aber bestehen. Eine spätere vollständige Begnadigung ließ Bush damals offen. Gut möglich, dass er eine solche Entscheidung nun in den kommenden zwei Monaten bekannt gibt.

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