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Politik: Geplanter Giftanschlag in London wird Wahlkampfthema

Kritiker werfen Regierung und Polizei vor, die angebliche Rizin-Verschwörung aus politischen Gründen hochgespielt zu haben

London - Britische Medien haben nun erstmals Einzelheiten über die „Rizinverschwörung“ veröffentlicht, die im Januar 2003 Terrorpanik in ganz Europa ausgelöst hat. In London gingen zwei Prozesse gegen das Al-Qaida-Mitglied Kamel Bourgass zu Ende, über die strenge Nachrichtensperren verhängt worden waren.

Bourgass erhielt lebenslänglich für den Mord an einem Polizisten bei seiner Festnahme im Februar 2003. Für seine Rolle bei der Londoner Giftverschwörung wurde er zu 17 Jahren Haft verurteilt. Vier Mitangeklagte mussten mangels Beweisen freigesprochen werden. Gegen vier weitere vermeintliche Verschwörer wurde die Anklage fallen gelassen. „Man hat nicht einmal Rizin gefunden“, sagte Verteidigerin Gareth Peirce. „Dies war ein amateurhafter Versuch eines als schwierig bekannten Alleingängers.“

Kritiker werfen Regierung und Polizei nun vor, das „Rizin Plot“ in den Monaten vor der Irakinvasion aus politischen Gründen hochgespielt zu haben. Ex-Innenminister David Blunkett hatte der BBC gesagt: „Al Qaida bereitete koordinierte Anschläge vor. Wir waren nahe an einer Katastrophe.“ Und Terrorfahnder verwiesen auf Menad Benchallali, der im Sommer 2002 in einem Küchenlabor in Lyon Gift hergestellt und in einem Nivea-Cremetopf aufbewahrt hatte – wie Bourgass in seiner Londoner Wohnung.

Dort, über einer Apotheke, war die Polizei im Januar 2003 auf das primitive, aber komplette Giftlabor gestoßen. Chemiker im britischen Staatslabor Porton Down probierten die bei Bourgass gefundenen Rezepte aus – und produzierten damit genug Rizin, um Hunderte von Menschen zu töten. Die Verschwörer wollten, so das Geschworenengericht, das Nikotingift an die Türklinken von Autos schmieren. Doch die sichergestellte Substanz aus Bourgass’ Wohnung war, wie sich nach langen Tests herausstellte, gar kein Rizin. Auf die Schliche kam die Polizei der Verschwörung durch die Aussage eines Komplizen. Er war wie Bourgass illegaler Einwanderer, setzte sich aber nach Algerien ab. Dort wurde er verhaftet und packte aus. Bourgass war im Jahr 2000 nach England gekommen und nach Ablehnung seines Asylantrags untergetaucht – wie schätzungsweise 250 000 andere Asylbewerber. „Ein Skandal, der das Labour-Chaos in der Asylpolitik zeigt“, so der Spitzenwahlkämpfer der Konservativen, Michael Howard.

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