zum Hauptinhalt
Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff.

© pa/dpa

Gesetz zur Datenschutzbeauftragten: Experten bemängeln Entwurf: Unabhängigkeit nicht garantiert

Die Datenschutzbeauftragte muss unabhängig werden, so will es der EuGH. Doch der entsprechende Gesetzentwurf der Regierung bewirkt das Gegenteil, meinen Experten.

Von Anna Sauerbrey

Die Bundesregierung versucht zu verhindern, dass die Datenschutzbeauftragte unabhängig wird und vor Gericht oder vor Untersuchungsausschüssen aussagen darf. Das ist die Quintessenz einer Anhörung zum sogenannten „Unabhängigkeitsgesetz“, bei der der Innenausschuss des Bundestags am Montag mehrere Rechtsexperten befragte.

Die bisherige deutsche Regelung wurde vom EuGH gekippt

Mit dem „Unabhängigkeitsgesetz“ soll eigentlich ein Missstand behoben werden: Bislang ist die Bundesdatenschutzbeauftragte dem Innenministerium unterstellt und unterliegt auch dessen Dienstaufsicht. Sie untersteht also der Regierung – und damit genau jener Instanz, die sie eigentlich kontrollieren soll. 2010 entschied der Europäische Gerichtshof, dass diese Konstruktion mit europäischem Recht nicht vereinbar sei, denn das fordert „völlige Unabhängigkeit“. Die Bundesregierung hat deshalb in diesem Herbst einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der die Datenschutzbeauftragte – zurzeit amtiert die ehemalige CDU-Abgeordnete Andrea Voßhoff – aus der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums entlässt und eine eigene oberste Bundesbehörde für den Datenschutz schafft. Nach Ansicht der Mehrheit der gehörten Gutachter geht der Gesetzentwurf aber nicht weit genug.

Die Regierung wolle offenbar Aussagen vor Ausschüssen und Gerichten verhindern, sagt ein Gutachter

Gleich mehrere Gutachter kritisierten, dass die Bundesdatenschutzbeauftragte dem Entwurf zufolge auch weiterhin nur mit expliziter Genehmigung der Bundesregierung vor Gericht oder vor Untersuchungsausschüssen aussagen dürfte, sobald die Vorgänge „dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzurechnen sind oder sein könnten“. Diese Einschränkung sei zu weitreichend, der Begriff zu umfangreich anwendbar, kritisierten mehrere Gutachter. Der Berliner Politik- und Verwaltungswissenschaftler Hartmut Aden sagte, es entstehe der Eindruck, dass die Regierung versuche, „in einigen größeren Fällen Aussagen gegenüber Gerichten oder Untersuchungsausschüssen zu verhindern“. Dirk Heckmann, Professor für Öffentliches Recht in Passau, sagte, der Kontrollierte erhalte ein „Vetorecht“ gegenüber dem Kontrolleur.

Die Gutachter kritisierten auch das Wahlverfahren. Die Datenschutzbeauftragte wird vom Bundestag auf Vorschlag der Regierung gewählt – ohne Aussprache. Daran ändert der Gesetzentwurf nichts. Der Bundestag müsse zumindest ein „Anforderungsprofil“ festlegen dürfen, forderte der Verwaltungsrichter Hans-Hermann Schild.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte sagt, schon jetzt könne sie die Geheimdienste nicht effektiv kontrollieren

Auch Andrea Voßhoff selbst wurde gehört. Sie forderte eine bessere personelle Ausstattung für ihr Haus. Schon heute sei eine effektive Kontrolle der Geheimdienste nicht möglich, sagte Voßhoff. Die Regelung zur Aussagegenehmigung sei möglicherweise sogar verfassungswidrig, kritisierte sie.

Der Gesetzentwurf wird nicht nur von Rechtsexperten kritisch beurteilt. Auch Datenschutzverbände und die Opposition im Bundestag laufen dagegen Sturm. Die Datenschutzaktivistin Rena Tangens sieht die Bundesdatenschutzbeauftragte durch das Gesetz sogar faktisch geschwächt. Dadurch, dass eine eigenen Behörde entsteht, entstehe auch zusätzlicher Verwaltungsaufwand, der durch die vorgesehenen vier zusätzlichen Stellen keineswegs gedeckt würde, sagt sie. Hinzu kämen gestiegene Anforderungen im digitalen Zeitalter. "Die Aufgabe wird immer großer, die Bedrohungen werden immer zahlreicher, da ist es doch klar, dass die Kontrolleure entsprechende Mittel erhalten müssen." Die Behörde brauche mehr Personal, vor allem auch IT-Spezialisten, die Ahnung von Datenbanken und Algorithmen haben. Kritik kommt auch von Der Linken und den Grünen. Die Grünen haben einen eigenen Gesetzentwurf im Parlament eingebracht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false