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Geht es nach dem Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas, müssen Facebook und Co. bei Kommentaren und Beiträgen genauer hinsehen.

© dpa

Gesetzentwurf von Heiko Maas: Erdoganismus in Reinkultur

Justizminister Heiko Maas hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich so liest, als stamme er aus dem Roman „1984“. Ein Kommentar.

Viele regen sich, und zwar zu Recht, über Adülf Erdogan auf, den Sultan mit dem Hitlertick. Er will sich zum Alleinherrscher machen, er lügt den Völkermord an den Armeniern weg, er unterdrückt Andersdenkende und Kurden. Das Wort „Nazimethoden“ müsste diesem Mann eigentlich jeden Morgen beim Blick in den Spiegel einfallen, stattdessen schwingt dieser Frechdachs die Nazikeule gegen andere.

Für eine Majestätsbeleidigung wie „Frechdachs Adülf Erdogan“ könnte einem Journalisten in der Türkei ja alles Mögliche zustoßen. Dort, wo es verboten ist, die Herrschenden zu kränken, sind wir in einer Despotie. Dort, wo die Regierung entscheidet, was „Wahrheit“ ist und was „Fake“, sind wir in einer Despotie. Aber genau jetzt, während wir uns noch über Erdogan aufregen, werden hier, in diesem Land, Erdogan-Methoden vorbereitet. Der Justizminister Heiko Maas hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich so liest, als stamme er aus dem Roman „1984“.

Es geht Maas angeblich um den Kampf gegen Fake News und gegen Hass im Internet. Nun, Verleumdung, Volksverhetzung, Nazipropaganda und dergleichen sind heute schon verboten. Vorwürfe können allerdings auch falsche Vorwürfe sein. Es wird immer eine Grauzone geben, zwischen Polemik und Satire einerseits und auf der anderen Seite der Verleumdung oder Volksverhetzung. Deshalb haben wir unabhängige Gerichte, dem Himmel sei Dank. Die entscheiden darüber, was erlaubt ist. Niemand, außer der Justiz, darf bei uns jemandem den Mund verbieten. Genau das soll sich ändern. In China oder der Türkei darf ja auch nicht jeder sagen, was er oder sie will.

Was zum Teufel ist "offensichtlich rechtswidrig"?

In Zukunft sollen Facebook, Twitter, Youtube, WhatsApp et cetera verpflichtet werden, alle „offensichtlich rechtswidrigen Inhalte“ zu löschen, und zwar zum Teil schon innerhalb von 24 Stunden. Ansonsten drohen den Internetfirmen Strafgelder von bis zu 50 Millionen Euro. Aber was, zum Teufel, ist „offensichtlich rechtswidrig“? Gerichte brauchen oft mehrere Instanzen, um es herauszufinden. Nun sollen diese Firmen entscheiden, sie werden zu Hilfssheriffs ernannt. Sie sind Fahnder und Richter in einem. Wenn sie zu milde urteilen, sind sie selber dran, Millionenstrafen.

Ich halte das für einen Angriff auf das Prinzip der Gewaltenteilung, für Erdoganismus in Reinkultur. Renate Künast von den Grünen ist sogar das noch zu wenig Diktatur. Sie will „Diskriminierung“ aus dem Netz löschen lassen, und zwar ausdrücklich auch solche, die „noch nicht strafbar“ ist. Irre, oder? Ein Tweet oder eine Nachricht auf WhatsApp, die nicht strafbar sind, sollen einfach gelöscht werden, nur, weil der Text nach Ansicht von Renate Künast „diskriminierend“ sein könnte. Meinungsfreiheit? Vergesst es. Renate, wann kommt eigentlich die gute alte Briefzensur wieder?

Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen. Dieser Satz ist von George Orwell.

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