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Gesundheit: Schönheitsoperationen - Regierung sieht Handlungsbedarf

Werden Schönheitsoperationen bald verboten? Viele Politiker wollen solche Eingriffe nur noch zulassen, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Doch die Grenzziehung scheint schwierig.

Wegen der Risiken von Schönheitsoperationen rücken Einschränkungen vor allem bei Minderjährigen näher. Die Bundesregierung signalisierte erstmals ihre Unterstützung für einen Gesetzesantrag der Koalitionsfraktionen. "Wir sehen Handlungsbedarf", sagte Gesundheitsstaatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD). Über die Chancen eines generellen Verbots von Schönheits-OPs bei Kindern und Jugendlichen herrschte nach einer kontroversen Expertenanhörung im Bundestag aber Ungewissheit. Experten meldeten Zweifel daran an, dass die Grenze zwischen nötigen und unnötigen Eingriffen genügend klar gezogen werden könne.

Caspers-Merk sagte dem Sender N24, junge Menschen ließen zunehmend Schönheitseingriffe an sich vornehmen, ohne die Folgen abschätzen zu können. "Wir möchten Jugendliche auch vor dem Gruppendruck schützen." Die SPD-Expertin Carola Reimann erklärte am Rand der Ausschusssitzung, stärkeren Schutz für Jugendliche könne bei reinen Schönheits-OPs "ein Verbot bis 18 Jahren mit der Ausnahme medizinischer Indikation" bringen.

Mehr Brust als Abi-Geschenk

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann sagte im Deutschlandradio Kultur, bei Mädchen gebe es bereits die Vergrößerung des Busens zum Abitur. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Annette Widmann-Mauz (CDU), bekräftigte bei N-TV ihre skeptische Haltung zu einem Verbot: "Ich glaube, es ist ein weitgehender Eingriff in das Elternrecht." Minderjährige und Eltern müssten aber davor geschützt werden, in falsche Hände zu geraten.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) schloss sich Verbotsforderungen an. Schönheitsoperationen aus Gründen des Lifestyles solle es erst ab 18 geben, sagte Verbandssprecher Ulrich Fegeler im Gesundheitsausschuss mit Blick auf Brustvergrößerungen, Kinnverlängerungen oder aufgespritzte Lippen. Chirurgische Fachgesellschaften lehnten ein Verbot hingegen ab und betonten, es sei oft schwer abzugrenzen, ob Eingriffe medizinisch angezeigt seien.

Experte: Zahl der Eingriffe "verschwindend gering"

Eingriffe unter 18 Jahren fänden überwiegend wegen psychischen Leidensdrucks aufgrund fehlgebildeter Ohren statt, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, Günter Germann. Der Präsident der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie, Heinz Bull, sagte, die Zahl von Schönheits-OPs bei Jugendlichen sei ungeachtet aller Aufregung "verschwindend gering". Mit ihrem Gesetzesantrag wollen die Koalitionsfraktionen Bund und Länder auffordern, Verbote solcher Eingriffe unter 18 zu prüfen.

Genaue Zahlen über Schönheits-OPs in Deutschland gibt es nicht. Laut Antrag sollen es insgesamt über eine Million sein, davon zehn Prozent bei Minderjährigen. Die Fachgesellschaften meldeten Zweifel an diesen Werten an, räumten aber eine hohe Dunkelziffer bei nicht spezialisierten Ärzten ein. Laut einer Studie klagt mehr als jede fünfte Frau über Nebenwirkungen von Fettabsaug-, Falten- oder anderen Behandlungen. Folgen reichen über Schwellungen bis hin zu schweren Infektionen. Für Kinder warnten Ärzte vor einem lebenslangen Verlust von Empfindungen der Haut.

Auch Piercings am Pranger

Reimann forderte, dass solche Eingriffe künftig nur mit "sichtbarer Qualifikation" durchgeführt werden dürfen. Der Gesetzesantrag verlangt auch, dass Ärzte anders als heute ausreichend gegen mögliche Geldforderungen von Geschädigten versichert sein müssen. Zudem zielt er auf mehr Aufklärung ab. Die Bundesärztekammer forderte: "Dem unerträglichen Medienhype um den Schönheitskult müssen wir eine nachhaltige Wertediskussion entgegensetzen."

Im Zuge der Debatte forderte der Kinder- und Jugendärzte-Verband BVKJ zudem ein Verbot von Piercings unter 18 Jahren, auch wenn dies nicht Gegenstand des Gesetzesantrags ist. "Hier geht es um Eingriffe am gesunden Körper, für die es keinerlei medizinische Notwendigkeit gibt", sagte Verbandspräsident Wolfram Hartmann der "Frankfurter Rundschau". (ae/dpa)

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