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Gesundheitsreform: "Tendenz in Richtung weniger Kassen"

Wenige Tage vor der voraussichtlich entscheidenden Sitzung des Koalitionsschusses zur Gesundheitsreform zeichnen sich zunehmend Konturen ab. Die Koalition strebt offenbar eine Verringerung der Zahl der Krankenkassen an.

Leipzig/Berlin - Wie die "Leipziger Volkszeitung" am Dienstag unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, einigten sich Union und SPD darauf, die Zahl der Krankenkassen zu verringern. Danach sollen die gesetzlichen Kassen auf eine wettbewerbsfähige "Mindestbetriebsgröße" ausgerichtet werden, die sich an der Mitgliederzahl misst. Eine Sprecherin von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte, die "Tendenz in Richtung weniger Kassen" sei richtig. Es sei aber noch nichts entschieden. Krankenkassen kritisierten die Pläne.

Als Mindestgröße wird laut "Leipziger Volkszeitung" unter anderem eine Mitgliederzahl von einer Million Versicherten diskutiert. Sollte es dazu kommen, würde sich die Zahl der Kassen von derzeit mehr als 250 um bis zu 120 verringern. Kleinere Kassen müssten fusionieren. Dadurch würden die Verwaltungskosten sinken. Die Sprecherin von Schmidt betonte in Berlin, eine Reduzierung der Kassenzahl sei grundsätzlich "sinnvoll", um eine handlungsfähige Kassenlandschaft zu gewährleisten. Derzeit gebe es 254 Kassen, die meisten davon "kleinstteilige".

Wie das Blatt weiter berichtete, ist auch die Einrichtung eines Gesundheitsfonds zur Kanalisierung sämtlicher Finanzströme in der Koalition beschlossene Sache. In drei Jahresschritten, beginnend ab 2008, sei der Einstieg in eine neue Steuerfinanzierung des Gesundheitssystems geplant. Unstrittig ist demnach die Steuerfinanzierung der beitragsfreien Kindermitversicherung, die Kosten von 16 Milliarden Euro ausmacht. Im Gegenzug sollten die Krankenkassenbeiträge um ein bis zwei Prozentpunkte gesenkt werden. Die Koalition will zudem weitere Einsparungen durch Strukturreformen erreichen.

Private Kassen sollen freiwilligen Beitrag leisten

Auch die privaten Krankenkassen, bei denen Kinder bislang extra versichert sind und die durch eine Steuerfinanzierung der Kinderversicherung begünstigt wären, sollen demnach ihren Beitrag leisten. Zum Ausgleich dieses Wettbewerbsvorteils sollen die Privaten laut Zeitung bereits ab 2007 einen Solidarausgleich von drei Milliarden Euro leisten, allerdings auf freiwilliger Basis. Die Rolle der Privatkassen bei der Gesundheitsreform war in der Koalition zuletzt heftig umstritten.

Die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) kritisierte die Debatte um die Kassengröße. Bei einer vorgeschriebenen Mindestmitgliederzahl von 100.000, 500.000 oder einer Million müssten sich zahlreiche Kassen mit größeren zusammenschließen, um zu überleben, erklärte SBK-Vorstandschef Hans Unterhuber in München. Ob sich dadurch tatsächlich niedrigere Verwaltungskosten erzielen ließen, sei aber absolut fraglich. Zudem würden kleinere Kassen im Vergleich zu größeren oft effizienter arbeiten. Eine Beschränkung des Wettbewerbs durch weniger Kassen mache hingegen "höhere Kosten für die Versicherten wahrscheinlich", so Unterhuber.

Der Sozialverband VdK wandte sich gegen Überlegungen, den Eigenanteil bei den Zuzahlungen für chronisch Kranke von derzeit einem Prozent seines Bruttoeinkommens auf zwei Prozent zu erhöhen. Viele chronisch Kranke, die regelmäßig auf teure Medikamente angewiesen seien, würden dadurch erneut belastet, erklärte VdK-Präsident Walter Hirrlinger in Berlin. Chroniker würden bereits heute durch zusätzliche Kosten beispielsweise für nicht verschreibungspflichtige Medikamente "über die Zuzahlungsgrenze hinaus belastet". Union und SPD wollen am Sonntag im Koalitionsausschuss die Eckpunkte der Reform festlegen. (tso/AFP)

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