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Gesundheitsreform: Verdi-Chef: "Verdeckter Einstieg in die Kopfpauschale"

SPD und Gewerkschaften halten wenig vom Vorstoß des Unionsfraktionschefs Volker Kauder. Er will die Gesundheitsfinanzierung völlig neu ordnen. Verdi-Chef Frank Bsirske kritisierte das als "verdeckten Einstieg in die Kopfpauschale".

Berlin - Der designierte SPD-Vorsitzende Kurt Beck müsse die von der Union propagierte Einheitsprämie verhindern, forderten mehrere SPD-Politiker. Beck leitet die Verhandlungen künftig für die Sozialdemokraten. Nach Angaben eines Regierungssprechers sind noch keinerlei Entscheidungen gefallen. Kauder hatte sich in einem Interview für einen Fonds ausgesprochen, in dem Beiträge und Steuermilliarden zur Finanzierung des Gesundheitssystems gesammelt werden könnten.

Der Sprecher von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), Klaus Vater, bestätigte, das Fondskonzept werde im Ministerium geprüft. Er bestritt jedoch eine herausgehobene Stellung des Modells. Vielmehr gehöre es zu einer Reihe geprüfter Vorschläge. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium hatte das Modell am 8. Oktober 2005 als Kompromiss zwischen den Plänen einer Gesundheitsprämie (CDU/CSU) und einer Bürgerversicherung (SPD) vorgeschlagen.

Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte: «Nicht jeder dritte Weg erweist sich als Königsweg. Manche könnten sich als Holzweg erweisen.» Bisher seien noch keine Instrumente eingehend diskutiert worden. Steinbrück sagte im Hinblick auf Kauder: «Wir sollten nicht über jedes Hölzchen springen, das uns hingehalten wird.»

Verdi-Chef Frank Bsirske wies den Fonds-Vorstoß als «verdeckten Einstieg in eine Kopfpauschale» zurück. DGB-Vize Ursula Engelen- Kefer befürchtet eine «Entsolidarisierung» in Form einer «Kopfpauschale, des Einfrierens der Arbeitgeberbeiträge und der weiteren Privatisierung gesundheitlicher Risiken».

Nach Meinung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach wird der neue Vorschlag «die Verhandlungen nicht leicht machen». Steigenden Wettbewerb müssten die Patienten mit Zusatzprämien zahlen, sagte er im ZDF. Der Vorsitzende des SPD-Parteirats, Claus Möller, sagte der «Berliner Zeitung»: «Wir müssen darauf achten, dass die sozialdemokratische Handschrift auch bei der Gesundheitsreform sichtbar bleibt.» Der SPD-Abgeordnete Niels Annen forderte Beck auf, an den Vorgaben des Vorgängers Matthias Platzeck festzuhalten: «keine Kopfpauschale, kein Einfrieren des Arbeitgeberanteils und keine massiven Mehrbelastungen der Patienten».

Die Koalition erwägt nach Angaben Kauders eine Lösung mit einem Finanzierungsfonds und Milliarden durch eine höhere Einkommensteuer. Beitragszahler können dafür laut Kauder von den Kosten für die Krankenversicherung der Kinder entlastet werden. Kostensteigerungen könnten per Zusatzprämie finanziert werden. Der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie, Jürgen R. Thumann, forderte eine weitergehende Trennung der Gesundheits- von den Arbeitskosten.

Der Dortmunder Wirtschaftsprofessor Wolfram F. Richter, der das Fondkonzept maßgeblich entwickelt hat, sagte der dpa, dass damit vor allem Effizienzreserven des Gesundheitssystems per Wettbewerb zwischen den Kassen ausgeschöpft werden sollen. Da Versicherungen aus dem Fonds für jeden den gleichen Betrag bekämen, steigere dies den Anreiz zur Entwicklung kostengünstiger Leistungskataloge. Über ein Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags oder eine Steuerfinanzierung der Kinder-Krankenversicherung könne «getrennt» entschieden werden.

Der Direktor des Verbands der privaten Krankenversicherung, Volker Leienbach, kritisierte, der Kauder-Vorschlag lasse viele Fragen offen. Der umfassende Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen solle «offensichtlich nicht Gegenstand der Reform» sein. (tso/dpa)

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