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Politik: „Gewinne werden zu den Managern verschoben“

Die Unternehmensexpertin Margit Osterloh über das Problem von angemessener Bezahlung

Die SPD will per Gesetz Obergrenzen für Managergehälter und Abfindungen einführen. Was ist eigentlich eine angemessene Bezahlung für Wirtschaftslenker?

Ein Marktlohn, der sich nach Angebot und Nachfrage bemisst. Leider ist das nicht ganz einfach festzustellen. Es gibt wenige Märkte, die so unvollkommen funktionieren wie der Arbeitsmarkt im Allgemeinen und der für Managerinnen und Manager im Besonderen. Es ist schwer auseinanderzuhalten, ob auf den Managermärkten „die unsichtbare Hand des Marktes“ oder das „unsichtbare Händeschütteln“, also die Nicht-Marktkräfte, überwiegen.

Manager argumentieren, ihr Job sei heute bedeutend schwieriger als noch vor zehn bis 15 Jahren. Rechtfertigt das die hohen Einkommenszuwächse?

Es rechtfertigt sie nur teilweise. In der Tat sind die Anforderungen an das Management großer, globaler und hochgradig diversifizierter Unternehmen höher geworden. Der Konkurrenzkampf um die knappen Talente auf dem Managermarkt mag härter geworden sein. So gesehen, ist ein Teil der Entlohnung sicher auf Marktkräfte zurückzuführen. Es fragt sich allerdings, ob dies allein ausschlaggebend ist für den rasanten Anstieg, der zum Beispiel in der Schweiz seit 2002 etwa 60 Prozent ausmacht. Nach unseren vorsichtigen Schätzungen für die Einkommen der Chefs großer Schweizer Aktiengesellschaften beruhen die Einkünfte im Durchschnitt zu etwa 40 Prozent auf dem „unsichtbarem Händeschütteln“, mithin nicht auf Marktkräften.

Welche Maßstäbe und welche Faktoren bestimmen die heutigen Gehaltshöhen?

Bei den Marktfaktoren sind dies zum Beispiel die Größe des Unternehmens, das Ausmaß der Internationalisierung, der Diversifizierung von Produkten und Dienstleistungen, die Komplexität des Geschäftes, die Wettbewerbsintensität der Branche. Managementgehälter werden aber auch von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, die mit Marktkräften nichts zu tun haben. Eine von den Aktionären abgeschottete Management-Kaste bestimmt zunehmend ihr Einkommen selber, weil die Aufsichtsräte ihrer Überwachungsfunktion nur unzureichend nachkommen. Diese Entwicklung wird unterstützt durch die Zersplitterung des Aktienkapitals auf Kleinaktionäre. Gibt es Großaktionäre, steigen die Vorstandseinkünfte langsamer und sind auch stärker mit der Unternehmensperformance verknüpft.

Wie ist es zu rechtfertigen, dass der Chef von Porsche mehr als 50 Millionen Euro im Jahr verdient?

Porsche ist ein sehr gut verdienendes Unternehmen. Wem – dem Management, dem Mitarbeitenden und den Aktionären – welcher Teil des erwirtschafteten Ertrags zusteht, ist von außen schwer zu beurteilen. Man müsste eben auch bei Porsche genauer nachvollziehen können, wie die Prozesse der Gehaltsfestsetzung laufen. Sicher ist, dass das Management sich nicht alleine den guten Ertrag zuschreiben kann. Untersuchungen aus den USA zeigen, dass die Gewinne systematisch von den Aktionären zu den Managern verschoben werden: 1993 hat die Chefetage fünf Prozent des Gewinns bekommen, zehn Jahre später waren es schon zehn Prozent. Die Vorstandsvorsitzenden haben ihren Anteil an den Gewinnen in diesem Zeitraum gar verfünffacht. Da das mit Marktkräften nur eingeschränkt etwas zu tun hat, ist zu fragen, ob die Aktionäre und die Belegschaften generell bei der Verteilung des Kuchens immer schlechter abschneiden.

Margit Osterloh

ist Professorin für Betriebswirtschaft an der Universität Zürich und ist spezialisiert auf Organisations- und Unternehmenstheorien. Das Gespräch führte Martin Gehlen.

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