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Das deutsche Model Gina-Lisa Lohfink ist wegen falscher Verdächtigung angezeigt.

© dpa

Gina-Lisa Lohfink: Der Fall taugt zum Symbol - so oder so

Am heutigen Montag geht der Prozess gegen das Model Gina-Lisa Lohfink weiter - für viele ein exemplarischer Fall einer Vergewaltigung. Er könnte sich aber auch als exemplarischer Fall einer falschen Verdächtigung erweisen. Ein Kommentar.

Ein Video spaltet Land und Leute, unabhängig davon, wer es tatsächlich gesehen hat: Es zeigt das 29 Jahre alte Ex-Model Gina-Lisa Lohfink beim Sex mit zwei Männern, wobei „Nein“ und „Hör auf“ nahezu das Einzige ist, was sie vernehmbar sagt. Im Übrigen wirkt sie, als ob – ja, als ob was? Menschen sind unterschiedlich beim Sex. Lohfink sieht das Geschehen als Vergewaltigung, wofür es im Video Anhaltspunkte gibt.

An diesem Montag steht die Frau vor dem Berliner Amtsgericht. Angeklagt ist sie wegen falscher Verdächtigung. Vor ein paar Monaten hat von dem Verfahren kaum jemand Notiz genommen. Nun ist sie für die einen das Opfer eines missratenen Sexualstrafrechts und Symbol für eine überfällige Reform, weil ein klares „Nein“ nicht genügt, um die Tat zu ahnden. Für die anderen ist sie, wie die „Zeit“ jetzt schrieb, dafür „der falsche Fall“.

Nein, Lohfink ist der richtige Fall, und er taugt auch zum Symbol. Möglicherweise sogar für ein missratenes Sexualstrafrecht. Denn es gibt durchaus sachkundige Stimmen, die es für risikoreich halten, die Strafbarkeit einer sexuellen Handlung nach dem Prinzip „Nein heißt Nein“ allein davon abhängig zu machen, ob die Tat mit dem oder gegen den Willen des Opfers geschah. Jedenfalls – und das soll ja auch Sinn der Reform sein – werden sich Frauen ermutigt fühlen, Taten anzuzeigen. Manche leider auch, wenn es gar keine Taten gab.

Frauen werden sich ermutigt fühlen, Taten anzuzeigen

Die falsche Verdächtigung ist daher die Kehrseite der im Bundestag mit guten Gründen breit befürworteten Reform, über die ungern gesprochen wird. Aber sie ist Realität. Die Staatsanwaltschaften sind zurückhaltend, sie anzuklagen oder auch deswegen nur zu ermitteln. Auch bei der ehemaligen Kachelmann-Geliebten kam niemand auf diese Idee. Doch kommt es dazu, kann allein der Vorwurf Existenzen vernichten. Es muss nicht einmal ein Urteil geben.

Es gibt durchaus Täterinnen, die sich dies zunutze machen. Manche aus Scham- oder Schuldgefühlen, manche aus Rache oder Hass. Wir haben Grund zu der Annahme, dass es wenige sind. Werden es nach der Reform mehr? Möglich. Deshalb ist es günstig, wenn der Fall Lohfink Aufmerksamkeit bekommt.

Was viele für den exemplarischen Fall einer Vergewaltigung halten, die ungesühnt geblieben ist, könnte sich am Ende auch als exemplarischer Fall einer falschen Verdächtigung erweisen, die noch gesühnt werden wird. Sicher oder zumindest besser werden wir es erst wissen, wenn das Verfahren rechtskräftig beendet ist.

Kommt es aber später zu einer Verurteilung, könnte Frau Lohfink als abschreckendes Beispiel dienen und mit ihrem Fall auf Nachteile und Tücken der geplanten Strafrechtsreform hinweisen. Ein wichtiges Symbol, ein hilfreiches für künftige Zeiten, wenn auch nicht das, welches sie derzeit noch sein will.

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