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Mit Plakaten protestierten Demonstranten am Dienstag am Checkpoint Charlie in Berlin gegen das US-amerikanische Internetüberwachungsprogram der NSA Prism.

© dpa

Google veröffentlicht mehr Informationen über Spähanfragen: US-Behörden: Spionageprogramme haben 50 Anschläge vereitelt

Der US-Geheimdienst NSA geht in der Debatte um Datenspionage in die Gegenoffensive: Dadurch seien Dutzende mögliche Terror-Anschläge verhindert worden. Präsident Obama stärkt trotz internationaler Kritik seinen Spionen demonstrativ den Rücken.

Dank der weitläufigen Überwachung von Internet und Telefonverbindungen sind nach Angaben der US-Behörden unter anderem Anschläge auf die New Yorker U-Bahn und die Börse NYSE vereitelt worden. Amerikanische Geheimdienste hätten dadurch rund 50 Terror-Verschwörungen in 20 Ländern zerschlagen, sagte der Chef des US-Abhördienstes NSA, Keith Alexander, am Dienstag. Mindestens zehn Vorhaben seien in den USA abgewehrt worden, erklärte er vor dem Geheimdienst-Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington. In Medienberichten war zuletzt eine massive Überwachung von Internet- und Kommunikationsdiensten über zwei geheime NSA-Programme enthüllt worden. Das hatte international heftige Kritik ausgelöst.

US-Präsident Barack Obama verteidigte das Vorgehen als notwendig für die Terrorabwehr. Alexander bezog sich bei seinen Zahlen ausdrücklich auf die beiden angeprangerten NSA-Programme. Einzelheiten über die vereitelten Angriffe sollten dem US-Kongress am Mittwoch in einer geschlossenen Sitzung unterbreitet werden, kündigte Alexander an. Der stellvertretende Direktor der US-Bundespolizei FBI, Sean Joyce, erklärte vor dem Ausschuss, durch die Spionagemaßnahmen sei unter anderem der „erste, aus Pakistan dirigierte große Al-Kaida-Anschlag seit dem 11. September“ verhindert worden.

Der Internetkonzern Google kündigte derweil an, mehr Informationen über Spähanfragen der US-Geheimdienste veröffentlichen zu wollen. Das Unternehmen stellte nach eigenen Angaben vom Dienstag dazu einen Antrag bei dem Bundesgericht FISC, das für die Auslandsgeheimdienste zuständig ist. Google und andere Konzerne hatten mit der US-Regierung vereinbart, die Zahl von Überwachungsanfragen durch Behörden zu veröffentlichen. Daraus geht aber nicht hervor, ob es sich um Anfragen von Geheimdiensten oder aus Strafverfahren handelt. Google will diese Informationen genauer aufschlüsseln.

Im Herbst 2009 habe die NSA die E-Mail eines Terroristen aus Pakistan abgefangen. „Dieses Individuum tauschte sich mit einem Individuum in den USA über die Perfektionierung eines Sprengstoffrezepts aus“, so Joyce. Die Person sei identifiziert und in Denver (Colorado) aufgespürt worden. Das FBI sei ihm nach New York gefolgt und habe bei ihm Sprengsätze in Rucksäcken sichergestellt. Der Mann habe gestanden, dass er damit einen Anschlag auf die New Yorker U-Bahn habe verüben wollen. Ähnlich sei auch der geplante Bombenanschlag auf die New Yorker Börse ans Licht gekommen, hinter dem Drahtzieher aus dem Jemen gestanden hätten, so Joyce. Das FBI habe durch die Datenspionage außerdem einen Anschlag auf das Büro einer dänischen Zeitung verhindern können, den ein Täter aus Chicago wegen veröffentlichter Karikaturen des Propheten Mohamed geplant habe.

Obama versicherte kurz davor in einem Fernsehinterview, es gebe dabei ausreichende Kontrollmechanismen. Bei der NSA arbeiteten „außergewöhnliche Profis, die sich der Sicherheit des amerikanischen Volkes verschrieben haben“, erklärte Obama in der am späten Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Aufzeichnung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will bei dem am Dienstag beginnenden Berlin-Besuch Obamas das Thema ansprechen. Vor Obamas Ankunft demonstrierten Netzaktivisten am Checkpoint Charlie an der ehemaligen Berliner Mauer gegen eine flächendeckende Überwachung von Internetdaten und Telefongesprächen. Mit Hüten und Sonnenbrillen als Spione verkleidet warfen Mitglieder des Vereins Digitale Gesellschaft und andere Demonstranten Obama vor, mit dem Vorgehen der NSA gegen die Grundrechte der Menschen zu verstoßen.

Linnea Riensberg vom Verein Digitale Gesellschaft von den deutschen Strafverfolgsbehörden, Ermittlungen wegen der Überwachung deutscher Staatsbürger und von Beschäftigten von Bundes- und Landesbehörden aufzunehmen. „Ich gehe davon aus, dass es sich bei PRISM um staatliche Spionage seitens amerikanischer Stellen handelt, bei der sowohl private als auch staatliche Geheimnisse der Bundesrepublik Deutschland ausgeforscht wurden“, heißt es in einer von ihr verfassten Strafanzeige.

Nach anderen Internetfirmen veröffentlichte unterdessen auch Yahoo Zahlen zu Anfragen amerikanischer Behörden nach Nutzerdaten. Von Dezember bis Ende Mai habe es zwischen 12 000 und 13 000 Anfragen erhalten, hieß es im Firmenblog. Dazu gehören Anfragen von Polizeibehörden, die in Mord- oder Betrugsfällen ermitteln, ebenso wie Anträge nach dem Auslandsspionage-Gesetz FISA. Internet-Firmen ist es seit kurzem erlaubt, bisher geheime Anfragen mit Bezug zur nationalen Sicherheit in die Statistik aufzunehmen. Sie dürfen aber nur die Gesamtzahl aller Anfragen in einer Spanne nennen. (dpa, Reuters)

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