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Politik: Gregor Gysi will mit neuem Kurs verärgerte SPD-Wähler zur PDS lotsen

BERLIN . Führende Politiker der PDS wollen ihre Partei offenbar auf einen moderateren Kurs in der Wirtschafts- und Sozialpolitik einschwören.

BERLIN . Führende Politiker der PDS wollen ihre Partei offenbar auf einen moderateren Kurs in der Wirtschafts- und Sozialpolitik einschwören. Die PDS soll damit auch zum Auffangbecken für linke Sozialdemokraten werden, die mit der Sparpolitik von Bundeskanzler Gerhard Schröder unzufrieden sind. Der Vorsitzende der PDS-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, warnte mit Blick auf das sozialdemokratische Reformpapier von Schröder und dem britischen Premier Tony Blair ausdrücklich davor, "die Errungenschaften des sozialdemokratischen Zeitalters" kleinzureden. In zwölf Gegenthesen, die Gysi erst am Dienstag in Berlin vorstellen will und die dem Tagesspiegel bereits vorliegen, fordert der PDS-Politiker: "Die Ära neoliberaler Zerstörung des Nachkriegssystems sollte nicht nur durch eine sozialdemokratische Episode der Schadensbegrenzung unterbrochen, sondern durch eine Epoche moderner sozialistischer Politik abgelöst werden."In der SPD erntete Bundeskanzler Gerhard Schröder deutliche Kritik für seinen Vorschlag, den Ländern die Entscheidung über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer zu überlassen. Nach dem überraschenden Vorstoß des SPD-Chefs stritten die Sozialdemokraten am Wochenende heftig darüber, ob Reiche künftig stärker zur Kasse gebeten werden sollten. Mehrere SPD-Ministerpräsidenten lehnten Schröders Idee ab.Schröder hatte in einem "Spiegel"-Interview gesagt, dass er weiter gegen die Steuer sei, weil die Einnahmen durch den Mehraufwand an Verwaltung aufgefressen würden. Wenn sich die Länder aber im Bundesrat einig seien, werde die Bundesregierung ihnen anbieten: "Ihr könnt die Kompetenz für die Erhebung bekommen, da euch die Einnahmen aus der Steuer ohnehin zustehen". Er sei dagegen, "dass mir die Verantwortung zugewiesen wird, während dieses Steueraufkommen bei den Ländern bleibt".Gysi plädiert in seinen zwölf Thesen unter der Überschrift "Gerechtigkeit ist modern" unter anderem dafür, Unternehmen, die ihre Gewinne in den Betrieb stecken, steuerlich besser zu stellen als private Haushalte. Bei Tarifverhandlungen sollten nicht Lohnerhöhungen im Vordergrund stehen, sondern flexible Arbeitszeitregelungen und betriebliche Mitbestimmung. "Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Reichtum wird nicht zuerst und fast ausschließlich mehr privaten Konsum bedeuten, sondern zu höherer Lebensqualität für Frauen und Männer führen", heißt es in den Thesen.Unterstützung bekam Gysi vom PDS-Wahlkampfleiter André Brie. Auch er sprach sich in der "Berliner Morgenpost" für eine Kurskorrektur aus. Brie forderte mit Blick auf das Schröder-Blair-Papier, dass die PDS "klassische sozialdemokratische Themen aufnimmt". Die PDS sei in einer "ambivalenten Situation": Einerseits eröffne die SPD-Politik der Neuen Mitte der PDS "Chancen bei jenen, die von der SPD enttäuscht sind". Zugleich bestehe jedoch die "Gefahr der Isolierung für die PDS, wenn wir fundamentalistische und orthodoxe Antworten geben". Kritik kam von der Vertreterin der Kommunistischen Plattform in der PDS, Sahra Wagenknecht. Gysis Vorstoß sei "sehr bedauerlich", sagte sie.

CARSTEN GERMIS

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