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Immer dazu lächeln: Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis verlässt nach den Gesprächen mit EZB-Präsident Mario Draghi das Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.

© Arne Dedert/dpa

Griechenland: Draghis Hammer

Europa zeigt der griechischen Regierung ihre Grenzen auf – düpieren sollte es sie nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christopher Ziedler

Es lohnt ein kleiner Blick zurück: Am 25. März 2013 kam es bei den Verhandlungen über Milliardenhilfen für das von der Pleite bedrohte Zypern in frühen Morgenstunden zum Showdown. Staatssekretär Jörg Asmussen, damals „Außenminister“ der Europäischen Zentralbank, setzte dem Präsidenten Nikos Anastasiades die Pistole auf die Brust. Akzeptiere er die harten Auflagen nicht, würden keine weiteren Notkredite für die Banken der Insel genehmigt. Kreidebleich stimmte Anastasiades zu.

Die EZB akzeptiert griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit - das erhöht die Abhängigkeit

Auf diese Weise eskaliert ist die Auseinandersetzung zwischen der forschen jungen Links-Regierung in Athen und der restlichen Euro-Zone noch nicht. Wohl aber gewährt die EZB den Griechen nun einen Einblick in das Arsenal ihrer Möglichkeiten. Und wieder wird das Instrument der Notkredite zum Politikum. Wer keine Überwachung durch die Troika akzeptiert – so die Botschaft kurz nach dem Besuch von Finanzminister Yanis Varoufakis –, kann nicht erwarten, dass als Ramsch bewertete Staatsanleihen als sicher genug gelten, um in Frankfurt frisches Geld zu leihen. Die Entscheidung macht die Banken in Hellas vollständig abhängig von der Notfallversorgung durch die heimische Notenbank – und die wiederum muss die EZB genehmigen. Das Erpressungspotenzial ist also da: EZB-Chef Mario Draghi hat den Griechen gezeigt, wo der Hammer hängt.

Alexis Tsipras und sein Finanzminister bekommen derzeit in Europa ihre Grenzen aufgezeigt. Die Geldgeber haben sich offenbar gut abgestimmt. Zusätzlich geeint wurden sie durch das halbstarke Auftreten der Athener Führung in den ersten Amtstagen. Vor allem soll signalisiert werden, dass die Wahl radikaler Parteien nichts an ökonomischen Tatsachen ändert und nicht zu Hilfe ohne Gegenleistung führt. Daran haben auch Iren, Portugiesen, Spanier und Zyprer ein Interesse. Nach dem Rausch des Wahlsiegs wird nun für Tsipras der Boden der Tatsachen wieder sichtbar.

Ein einseitiges Aufkündigen der europäischen Regeln kann sich Griechenland nicht leisten

Ein einseitiges Aufkündigen der europäischen Regeln kann sich Griechenland nicht leisten, Athen muss auf die anderen Euro-Staaten hören, die beispielsweise einen Schuldenschnitt radikal ablehnen. Tsipras wird verhandeln müssen. In der Währungsunion gibt es keine hundertprozentige Souveränität des Nationalstaats mehr, als Großschuldner ohnehin nicht.

Das heißt nicht, dass die anderen Europäer Tsipras auflaufen lassen sollten. Abgesehen davon, dass ein Euro-Austritt auch jenseits von Griechenland noch immer große Probleme erzeugen könnte, hat der junge Ministerpräsident ein klares Mandat, etwas gegen die soziale Unwucht des Euro-Krisenmanagements zu unternehmen. Auch tragen die Griechen an der Misere nicht die alleinige Schuld. Und was wäre das für ein Europa, das gar nicht auf den Wählerwillen in einem Land eingeht? Es wäre ein Europa der Sachzwänge, das die Wünsche der Bürger nur noch zu kennen vorgibt, sich aber nicht wirklich für sie interessiert.

Dass Syriza die Erwartungen im Wahlkampf in unrealistische Höhen getrieben hat, ist ein Problem. Trotzdem darf die Europäische Union die berechtigten Anliegen der Griechen nicht ignorieren – sonst ist künftig auch eine Hinwendung zu den Neonazis der Goldenen Morgenröte denkbar.

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