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Stürmische Zeiten. Die Haushaltslage in Athen ist angespannt.

© rtr

Griechenland: Miserable Kassenlage in Athen

Laut Regierungskreisen in Athen hat Griechenland pünktlich eine Kreditrate an den Internationalen Währungsfonds zurückbezahlt. Doch die Haushaltslage ist nach Ansicht von Carsten Brzeski, Chef-Ökonom der ING-DiBa, "brenzlig"

In der griechischen Staatskasse herrscht Ebbe. Dieser Zustand ist zwar nicht neu, hat sich aber durch die Parlamentswahl im vergangenen Januar noch verschärft. Pünktlich zur Wahl stellten viele Griechen ihre Steuerzahlungen ein – in der Erwartung, eine neue Regierung unter der Führung des Linksbündnisses Syriza werde ihnen Steuererleichterungen gewähren. Carsten Brzeski, Chef-Ökonom der ING-DiBa, sagte dem Tagesspiegel, er gehe davon aus, dass Griechenland in den ersten beiden Monaten des Jahres keinen Primärüberschuss mehr erwirtschaftete – also ein Haushaltsplus ohne Berücksichtigung des Schuldendienstes.
„Die Lage ist brenzlig“, sagte Brzeski mit Blick auf die milliardenschweren Kapitalabflüsse aus Griechenland, die in den letzten Wochen zu verzeichnen waren. Um die Liquidität zu sichern, greife die Regierung des Syriza-Chefs zu „Taschenspielertricks“, sagte der Ökonom weiter. Nach den Angaben von Insidern greift die Regierung unter anderem in die Renten- und Pensionsfonds des Landes, um die Verpflichtungen gegenüber den internationalen Gläubigern zu erfüllen.
Bis zu diesem Freitag musste der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis 310 Millionen Euro nach Washington überweisen, um einen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu tilgen. Mitte des Monats werden zwei weitere IWF-Darlehen von insgesamt 930 Millionen fällig, und bis zum 20. März muss der Minister noch einmal 350 Millionen auftreiben.
Dabei sind die Kassen in Athen ziemlich leer. Die Steuereinnahmen sprudeln nur spärlich. Im Januar kamen statt erwarteter 4,5 Milliarden Euro nur knapp 3,5 Milliarden in die Kassen des Fiskus. Trotz des Engpasses ist Varoufakis zuversichtlich: „Wir werden unseren Zahlungsverpflichtungen korrekt und pünktlich nachkommen“, versicherte der Minister. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag aus Regierungskreisen in Athen erfuhr, zahlte Athen die erste Kreditrate in Höhe von 310 Millionen Euro pünktlich an den IWF zurück.

CDU-Abgeordneter Kirchbaum: Druck auf Athen aufrecht erhalten

Im Bundestag sorgt das Thema Griechenland derweil weiter für Diskussionen. Vor allem den Abgeordneten der Union steckt die Abstimmung vom vergangenen Freitag, bei welcher der Bundestag die Verlängerung des Hilfsprogramms für Athen beschloss, immer noch in den Knochen. Derweil hat schon der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos ein drittes Rettungspaket mit einem möglichen Umfang von 30 bis 50 Milliarden Euro ins Spiel gebracht. Doch davon wollen vor allem die Abgeordneten der CDU/CSU nichts hören. „Die Frage eines dritten Hilfspaketes stellt sich im Augenblick nicht, weil der Druck auf Griechenland aufrecht erhalten werden muss, die Auflagen der Geldgeber zu erfüllen“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum (CDU), dem Tagesspiegel. „Das zweite Griechenland-Paket ist von Anfang an so konzipiert worden, dass Athen mit den zur Verfügung gestellten Mitteln auskommen muss“, sagte er weiter.
Der SPD-Vizefraktionschef im Bundestag, Axel Schäfer, sagte mit Blick auf die Spekulationen über ein drittes Hilfspaket: „Das ist jetzt nicht das Entscheidende.“ Viel wichtiger sei es, dass die neue Regierung in Athen jetzt alle Daten zur Finanzlage auf den Tisch lege und wieder Vertrauen aufbaue. Schäfer sagte, er halte Kapitalverkehrskontrollen angesichts des Abflusses der Milliardenbeträge ins Ausland für sinnvoll. Das Ziel der kommenden Wochen müsse darin bestehen, einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone zu verhindern. „Griechenland muss aus unserer Sicht in der Euro-Zone gehalten werden“, sagte der SPD-Mann.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Sven-Christian Kindler, sagte: „Jedem vernünftigen Politiker im Bundestag ist klar, dass wir im Sommer ein neues Griechenlandprogramm mit einer Anschlussfinanzierung brauchen.“ Nach seinen Worten wäre ein ansonsten drohender Austritt Athens aus der Währungsunion „ökonomisch verheerend für Griechenland und die Euro-Zone, aber auch europa- und außenpolitisch in diesen schwierigen Zeiten brandgefährlich“. „Eine drohende Destabilisierung eines Nato-Staates an der Grenze zur Türkei und des Balkans mit einem dann folgenden Einflussgewinns Russlands und Chinas kann niemand ernsthaft in Europa wollen“, sagte Kindler weiter.

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