zum Hauptinhalt
Foto: dapd

© dapd

Asylbewerber: Griechenland hat neue Asylbehörde

Griechenland ist mit dem Zustrom von Asylbewerbern völlig überfordert. In der vergangenen Woche verabschiedete das Athener Parlament ein Gesetz, das die Verfahren der Polizei entzieht und einer neuen Asylbehörde überträgt.

Sie hätten ein mulmiges Gefühl gehabt, als sie am vergangenen Samstag im Schutz der Dunkelheit an Bord des Fischkutters kletterten, sagt der junge Afghane. Es war stürmisch. Das Schiff, die „Hasan Reis“, war aus der Türkei gekommen. Mehr als 260 Menschen drängten sich auf dem kleinen Holzboot, als es in See stach. Zwischen 2000 und 2500 Euro hatte jeder den Schleusern bezahlt, um nach Italien zu kommen. 30 Seemeilen westlich der Insel Korfu geriet das Schiff in Seenot. Der Besatzung eines holländischen Frachters gelang es, 230 Schiffbrüchige zu retten. Vermutlich 33 Flüchtlinge ertranken.

Wie groß muss die Verzweiflung sein, wenn sich Menschen auf solch ein Risiko einlassen? Das Drama vor Korfu wirft ein Schlaglicht auf die skandalösen Missstände, mit denen Asylbewerber in Griechenland zu kämpfen haben: überfüllte Auffanglager, jahrelange Wartezeiten bei der Bearbeitung von Asylanträgen.

Vielleicht hat der Untergang des Flüchtlingsbootes den letzten Anstoß gegeben zu einer Entscheidung, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière diese Woche traf: Die Rückführung von Asylbewerbern nach Griechenland wird für ein Jahr gestoppt, Deutschland wird die Asylverfahren selbst durchführen. Gleichzeitig rief de Maizière Griechenland am Donnerstag bei einer informellen Tagung der EU-Innenminister in Budapest dazu auf, binnen eines Jahres dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge aus Nicht-EU-Ländern besser behandelt werden. Nach dem sogenannten „Dublin-II-Verfahren“ ist für das Asylverfahren eigentlich jenes Land zuständig, über das Flüchtlinge in die EU kommen. Doch schon lange gibt es Zweifel, ob die Asylverfahren in Griechenland korrekt ablaufen.

Die griechische Ausländerpolizei weist im ersten Durchgang 99,9 Prozent aller Anträge ab. Selbst nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel bekommt von 100 Bewerbern nur einer Asyl. In anderen EU-Ländern sind die Chancen viel größer. Deshalb wollen viele aus Griechenland in andere EU-Staaten. Rund 16 000 Flüchtlinge beantragten 2010 in Griechenland Schutz. Aber bei den Behörden stapeln sich noch fast 50 000 unbearbeitete Anträge aus den Vorjahren. Die Lage der Flüchtlinge in Griechenland sei „extrem beunruhigend“, stellte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström kürzlich fest. Tatsächlich sind die Griechen mit dem Zustrom völlig überfordert. 128 000 Flüchtlinge kamen 2010 illegal nach Griechenland.

Jetzt verspricht die Regierung Besserung. In der vergangenen Woche verabschiedete das Athener Parlament ein Gesetz, das die Verfahren der Polizei entzieht und einer neuen Asylbehörde überträgt. Sie soll über Asylanträge innerhalb von längstens 25 Tagen entscheiden.

Unterdessen bleibt Bundesinnenminister de Maizière in der Frage eines baldigen Beitritts Bulgariens und Rumäniens zum Schengen-Raum hart: Es gebe noch „Mängel und Kritik am Justizsystem und der Korruption“, begründete de Maizière beim Treffen mit seinen EU-Amtskollegen die ablehnende Haltung der Bundesregierung. Bulgarien und Rumänien hoffen auf einen Beitritt zum Schengen-Raum im März, damit ihre Bürger ohne Passkontrollen in 25 andere europäische Staaten reisen können. Die Bundesregierung hält dies für verfrüht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false