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Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras.

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Update

Griechenland: Was steht im Brief von Alexis Tsipras?

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras will das Angebot der Gläubiger nun doch weit gehend akzeptieren – allerdings unter Bedingungen.

Man weiß nicht so recht, was man davon halten soll. Soll man den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras mit einem Pokerspieler vergleichen, der nicht merkt, dass die anderen Mitspieler längst den Pokertisch verlassen haben? Oder könnten jetzt die Verhandlungen mit den Geldgebern tatsächlich in eine neue Runde gehen - in diesen Tagen, noch vor dem Referendum am Sonntag? Jedenfalls hat Tsipras nun einen Brief an die Gläubiger geschickt, der auf den 30. Juni datiert ist und auch dem Tagesspiegel vorliegt (hier im Original als pdf-Download). Die ersten Reaktionen aus den Reihen der Geldgeber lassen darauf schließen, dass auch Tsipras' jüngster Brief nichts daran ändert, dass Hellas weiter die Zahlungsunfähigkeit droht.

In dem Brief akzeptiert der Chef des griechischen Linksbündnisses mehr oder minder alle Bedingungen der Geldgeber, die am vergangenen Wochenende noch zur Diskussion gestanden hatten. Tsipras verlangt aber auch seinerseits einige Änderungen.
Die Ankündigung kommt überraschend, weil Tsipras noch in der Nacht zum vergangenen Samstag ein Referendum über die Gläubiger-Vorschläge für den kommenden Sonntag angekündigt hatte. Gleichzeitig hatte er die Griechen aufgefordert, beim Referendum gegen das Angebot der Geldgeber zu stimmen. Anschließend lief das Hilfsprogramm für Griechenland in der Nacht zum Mittwoch aus. Mangels internationaler Hilfen droht Griechenland die Pleite. Auf lange Sicht könnte es sogar zum "Grexit" kommen, dem Austritt aus der Euro-Zone.

In dem zweiseitigen Brief führt Tsipras einen überraschenden Vorstoß der griechischen Regierung vom Dienstag weiter aus. Und hier dürfte der entscheidende Haken aus der Sicht der Geldgeber liegen: In dem neuen Finanzierungsmodell, das Athen am Dienstag vorgelegt hatte, wird verlangt. dass Hellas über einen Zeitraum von zwei Jahren Gelder aus dem europäischen Rettungsfonds ESM erhält. Parallel dazu soll nach einer Mitteilung aus dem Büro von Tsipras eine Umschuldung erfolgen. In den Verhandlungen mit Griechenland hatten die Geldgeber es aber zuletzt abgelehnt, dass der Rettungsfonds ESM die griechischen Schulden bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Höhe von 27 Milliarden übernimmt. Das Angebot der Umschuldung lief seitens der Geldgeber vielmehr auf eine Streckung der Kredite hinaus.

Schäuble: Der Brief sorgt nicht für mehr Klarheit

Wie es in dem Schreiben von Tsipras heißt, sollen die Grundzüge des zu Beginn des Wochenendes auf den Tisch gelegten Gläubiger-Angebots durch die Athener Änderungen nicht in Frage gestellt werden. Unter anderem verlangt Tsipras, dass auf den griechischen Inseln ein niedrigerer Mehrwertsteuersatz gelten solle.

In dem Brief, der an EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, gerichtet ist, schlägt Tsipras zudem eine Änderung bei der Rentenreform vor. Demnach soll die stufenweise Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre, die bis 2022 erfolgt sein soll, nicht sofort, sondern erst im kommenden Oktober in Angriff genommen werden. Zudem schlägt Tsipras vor, dass der Zuschuss zu Niedrigrenten (Ekas) bis zum Ende 2019 auslaufen soll. Allerdings soll es nach dem Wunsch von Tsipras keine Sofortmaßnahmen geben, welche die höheren Ekas-Bezieher betreffen würden.

Wie die Nachrichtenagentur AFP aus EU-Kreisen berichtete, soll Tsipras’ Brief bei einer Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister am Mittwochnachmittag besprochen werden. Die Euro-Finanzminister dürften die Maßnahmen aber kaum akzeptieren, sagte ein Vertreter der Euro-Zone am Mittwoch. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) monierte, der Brief sorge nicht für mehr Klarheit. Schäubles französischer Amtskollege Michel Sapin hält hingegen eine Einigung noch in dieser Woche für möglich. "Das Ziel ist, eine Einigung vor dem Referendum zu finden, wenn das möglich ist", sagte Sapin dem Sender RTL. (mit rtr)

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