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Griechenland: Zur Not Hilfe

Am Sonntag berät die Koalition über Griechenland. Wie kann dem verschuldeten Land geholfen werden?

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Größtes unmittelbares Problem der Griechen ist ihre angeschlagene Kreditwürdigkeit. Griechenland muss den Anlegern für seine Staatsanleihen rund doppelt so hohe Zinsen zahlen wie Deutschland. Das verteuert die Kreditaufnahme und treibt das Land immer tiefer in die Schuldenfalle. Bis Ende Mai muss Athen rund 15 Milliarden Euro aufbringen, um fällige Staatsanleihen zu refinanzieren. Griechenlands Premier Giorgos Papandreou versichert aber: Wir wollen kein Geld von den europäischen Steuerzahlern, sondern politische Solidarität. Die könnte so aussehen, dass die Eurostaaten einen konkreten Rettungsplan entwerfen, mit dem Griechenland im Notfall geholfen werden könnte. Über Instrumente eines solchen Notfallplans, die möglichst im Einklang mit dem EU-Vertrag stehen sollen, werden die Spitzen der schwarz-gelben Koalition am Sonntagabend beraten.

Euro-Bond

Die 16 Länder der Eurozone könnten eine gemeinsame Anleihe auflegen. Sie würde es Griechenland ermöglichen, zu günstigen Zinsen Geld aufzunehmen. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hat diese Option bereits vor über einem Jahr ins Spiel gebracht. Die Nachfrage nach einer solchen Anleihe, für die alle Länder der Eurozone gemeinsam bürgen würden, wäre vermutlich sehr groß, denn ihre Rendite läge über dem Ertrag der Bundesanleihen, die als Maßstab gelten. Genau das macht aus Sicht des deutschen Finanzministers aber den Nachteil eines solchen Euro-Bonds aus: Deutschland müsste dann höhere Zinsen zahlen.

Ouzo–Bonds

Um die Kurse griechischer Staatsanleihen (scherzhaft auch „Ouzo-Bonds“ genannt) zu stützen und die Risikoprämien zu drücken, könnten Staatsbanken wie die deutsche KfW oder staatlich kontrollierte französische Kreditinstitute griechische Staatsanleihen kaufen. Eine solche Aktion ließe sich relativ schnell organisieren. Bereits bei der nächsten griechischen Anleihen-Emission könnten diese Banken als Käufer auftreten. Sie müssten sich das nötige Geld allerdings erst einmal besorgen – unklar ist, woher. Auch politisch ist dieses Szenario umstritten, denn letztlich würden die deutschen und französischen Steuerzahler für die griechischen Schulden einstehen.

Bilaterale Finanzhilfen

Einzelne, finanzstarke Euroländer könnten Griechenland zinsgünstige Kredite gewähren. Das schlug auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Freitag vor. Dadurch würden die Euro-Regeln nicht verletzt. Populär wäre das allerdings nicht. Und wie bei allen durchgespielten Hilfskonzepten gibt es auch hier die Sorge, dass nach den Griechen andere Wackelkandidaten wie Spanien, Portugal und Irland die Hand aufhalten würden.

Europäischer Währungsfonds

Eine solche Institution könnte nach dem Vorbild des Internationalen Währungsfonds (IWF) gestaltet werden und Euroländern, die in Schwierigkeiten sind, Kreditlinien einräumen. Damit würde sich die EU ein Instrument für die Bewältigung von Finanzkrisen zulegen. Aber die Diskussion steht noch ganz am Anfang – für Griechenland käme er zu spät.

Internationaler Währungsfonds

Ein Gang Griechenlands zum IWF kristallisiert sich als wahrscheinliche Lösung heraus – auch wenn es dem Ansehen der Eurozone abträglich wäre, weil sie signalisieren würde, ihre Probleme nicht selbst lösen zu können. Die bisher von der Athener Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen liegen auf der Linie des IWF. Ein IWF-Programm wäre zwar mit einer strikten Überwachung des Athener Etats und weiteren Reformauflagen verbunden. Der Gang zum IWF hätte für die Griechen aber den Vorteil, dass sie sich zu erschwinglichen Konditionen refinanzieren können. So könnte es gelingen, die Schuldenspirale zurückzudrehen. Aber die Verhandlungen dürften dauern.

Staatsbankrott

Scheitern alle Rettungspläne, droht Griechenland die Zahlungsunfähigkeit. Der Staat könnte dann in absehbarer Zeit keine Gehälter und Renten mehr zahlen, das griechische Bankensystem würde wahrscheinlich zusammenbrechen. Schwere soziale Unruhen wären zu befürchten. Das Land ist mit rund 300 Milliarden Euro verschuldet. Kann Athen seine Schulden nicht mehr bedienen und refinanzieren, wären vor allem Banken in Frankreich, der Schweiz und Deutschland betroffen, die einen Großteil der griechischen Staatsanleihen halten. Allein bei deutschen Finanzinstitutionen stehen die Griechen mit 43 Milliarden Euro in der Schuld. Schlimmer noch: Eine Staatspleite Griechenlands könnte einen Dominoeffekt auslösen und auch andere hoch verschuldete Länder mitziehen. Eine solche Kettenreaktion könnte zur Kernschmelze der Währungsunion führen.

Welche Vorstellung hat die Koalition?

Ende kommender Woche wollen die EU-Regierungschefs über die Lage in Griechenland, den Euro und mögliche Hilfen beraten. Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) liegt das Dilemma dabei im zunehmenden Drängen anderer Mitgliedsländer einerseits, Deutschland möge einer finanziellen Unterstützung der Griechen (entweder direkt oder über den IWF) rasch zustimmen und der Befürchtung andererseits, mit einem solchen Schritt keinen Rückhalt in der Bevölkerung zu haben. Die Regierung betonte daher am Freitag noch einmal, es sei zunächst Aufgabe der Griechen selbst, sich aus ihrer Lage zu befreien. Dazu gehöre unbedingt die Rückführung der Staatsausgaben. Ein Weg, den die Griechen bislang nicht gegangen seien, der aber notwendig werde, wolle man die Solidarität der europäischen Gemeinschaft in Anspruch nehmen. Zurückhaltend äußerte sich Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm auch über finanzielle Hilfen des IWF. Allerdings seien sie auch nicht ausgeschlossen, sagte er. Mit Blick auf Merkels Vorstoß, im Lissabon-Vertrag die Sanktionen für Haushaltsverstöße dahingehend zu verschärfen, dass Länder unter bestimmten Umständen auch aus der Euro-Zone ausgeschlossen werden können, drängte Wilhelm auf Gespräche der EU-Regierungschefs. Deutschland sehe einen solchen Weg als Lehre aus der Finanzkrise.

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