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Update

Troika-Bericht: Griechenlands Schulden sind nicht in den Griff zu kriegen

Nach Einschätzung der so genannten Troika reichen Rettungspakete und Sparbemühungen nicht aus, um Griechenlands Schuldenberg abzutragen. Auf Kritik aus dem Ausland reagieren griechische Politiker zunehmend gereizt.

Die Rettungspläne der Euro-Länder für Griechenland verfehlen offenbar das bisherige Ziel, den Schuldenberg des Landes in den kommenden Jahren auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Das geht aus einer Anlayse der sogenannten Troika hervor, wie mehrere EU-Diplomaten am Donnerstag bestätigten. Die Troika - Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) - stellte ihre Analyse zur Tragfähigkeit der griechischen Schulden während einer Telefonkonferenz der Eurogruppe am Mittwochabend vor.

Den Diplomaten zufolge kann der Schuldenstand nach Ansicht der Troika bis zum Jahr 2020 durch ein neues Hilfsprogramm und einen Schuldenschnitt nur auf einen Stand gedrückt werden, der bei „mehr als 125 Prozent“ des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegt. Ein Diplomat bestätigte der Nachrichtenagentur AFP einen Bericht der französischen Zeitung „Le Monde“, nach dem der Schuldenstand durch die geplanten Maßnahmen nur auf 129 Prozent des BIP gesenkt werden kann. Das von Euro-Ländern und IWF ausgegebene Ziel für das Jahr 2020 liegt jedoch bei 120 Prozent.

Aktuell wird Griechenland von einem Schuldenberg in Höhe von 350 Milliarden Euro erdrückt, der 160 Prozent des BIP entspricht. Um das angestrebte Ziel von 120 Prozent zu erreichen, könnte das zweite Hilfspaket erhöht werden, das bislang 130 Milliarden Euro umfassen soll. Das lehnen mehrere Länder wie Deutschland bislang aber ab.

Ein Schuldenschnitt, bei dem die privaten Gläubiger des Landes auf mehr als die bisher angestrebten 100 Milliarden Euro verzichten, gilt als unwahrscheinlich. Somit könnte der Druck auf die EZB steigen, ebenfalls Forderungen an Griechenland fallenzulassen.

Die Eurogruppe hat ein Ende der Hängepartie um das Kreditpaket zur Rettung Griechenlands für Anfang kommender Woche in Aussicht gestellt. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker erklärte nach einer Telefonkonferenz der Finanzminister am Mittwoch, er sei zuversichtlich, dass die Gruppe bei ihrer nächsten Sitzung am Montag alle notwendigen Beschlüsse fassen könne. Griechenland habe weitere dazu notwendige Voraussetzungen erfüllt, darunter einen Plan für Einsparungen von weiteren 325 Millionen Euro in diesem Jahr. In deutschen Regierungskreisen hieß es aber zurückhaltend, die nun vorgelegten Unterlagen müssten erst sorgfältig geprüft werden bis Montag. Die Entscheidung über das Rettungspaket sei offen.

Der Streit über den mangelnden Reformwillen des pleitebedrohten Euro-Staates brach zwischen Deutschland und Griechenland unterdessen offen aus. Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias verbat sich Kritik von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble als Beleidigung seines Landes. Zuvor hatte Finanzminister Evangelos Venizelos “bestimmte Mächte“ gewarnt, mit dem Feuer zu spielen. Schäuble hatte Griechenland als Fass ohne Boden bezeichnet und erklärt, die Euro-Zone könne eine Pleite des Landes heute besser verkraften als vor zwei Jahren. In Griechenland wurde das als Vorbereitung eines Rauswurfs aus der Euro-Zone verstanden. In der Bevölkerung wächst die Wut über immer neue Forderungen aus Berlin. Demonstranten verbrannten bereits deutsche Fahnen. In Zeitungen wurde eine Fotomontage von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer Nazi-Uniform veröffentlicht. “Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland kränkt? Wer sind die Niederländer? Wer sind die Finnen?“, fügte der 82-Jährige während eines Mittagessens mit dem Verteidigungsminister und Spitzenvertretern des Militärs in Athen hinzu. Deutschland, Finnland und die Niederlande hatten Euro-Kreisen zufolge zuletzt eine Verschiebung des Rettungspakets bis nach der für April geplanten Wahl zur Diskussion gestellt.

Die Geberländer verlieren langsam die Geduld mit den Griechen, die in der zweijährigen Rettungsaktion schon viele Zusagen gebrochen haben. “In den letzten Monaten mussten wir feststellen, dass sich scheinbar manches leichter verspricht, als dann umgesetzt wird. Das ist ein Problem“, sagte Schäuble der “Ostsee-Zeitung“. Er bekräftigte seine Forderung nach zusätzlichen Garantien der Parteien, sich auch nach der Wahl noch an das Sparprogramm zu halten.

Die Chefs der sozialistischen Pasok und der konservativen Nea Demokratia hatten der Eurogruppe ihre Einwilligung vorgelegt, sie tragen beide die Übergangsregierung. Im Parlament sind aber noch vier weitere Parteien, darunter die unter Protest gegen das Sparpaket aus der Regierung ausgetretene rechtsgerichtete Laos. Schäuble forderte, so wie in Portugal und Irland müsse sich auch die Opposition in Griechenland zum Reformkurs bekennen.

Auf Druck der Troika übermittelte Venizelos zu der Telefonkonferenz einen Plan zur Einsparung von weiteren 325 Millionen Euro. Auch stellte er die vor allem von Schäuble geforderte Liste mit Maßnahmen vor, die noch unerledigt blieben unter dem ersten Hilfspaket. Griechenland hat jetzt einen Zeitplan, dies abzuarbeiten.

Die Eurogruppe besprach Juncker zufolge auch erneut, wie die Umsetzung der Sanierungsauflagen in Zukunft strenger überwacht werden können. Auch war der Vorschlag Deutschlands und Frankreichs aufgenommen worden, ein Sperrkonto für die Hilfskredite einzurichten, mit dem Griechenland nur Schulden und keine Staatausgaben bezahlen kann. Das soll das Vertrauen der Investoren in die Zahlungsfähigkeit stärken, nachdem sie zu einem als freiwillig deklarierten Forderungsverzicht gedrängt wurden. Dies werde noch besprochen, erklärte Juncker. In deutschen Regierungskreisen hieß es dazu: “Es gab keinen Widerspruch, dass wir diese Elemente brauchen.“ (Reuters/AFP)

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