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Der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis.

© picture alliance / dpa

Griechenlands Wirtschaftsminister Stathakis im Interview: "Die Entscheidung liegt beim IWF"

Nach den Worten des griechischen Wirtschaftsministers Stathakis steht ein Schuldenschnitt nicht zwingend auf der Agenda bei den bevorstehenden Gesprächen mit den Geldgebern. Auch Schuldenerleichterungen seien denkbar, sagt er im Interview mit dem Tagesspiegel.

Herr Stathakis, wie sieht die wirtschaftliche Lage Griechenlands aktuell aus?
Es gibt einige positive Anzeichen: Im letzten Jahr ist die Wirtschaft kaum geschrumpft, die Exporte nehmen zu, es gibt einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit. Wenn es nun gelingt, bei den derzeit laufenden Gesprächen zwischen den Geldgebern und unserer Regierung die von uns allen angestrebte Vereinbarung zu erzielen, dann könnte es in der zweiten Hälfte dieses Jahres eine Rückkehr zum Wachstum geben. Ich weiß, dass die EU-Kommission für dieses Jahr von einer leichten Rezession ausgeht. Aber in der Regierung sehen wir das etwas anders.
Bei den Gesprächen mit der Troika, die Sie ansprechen, geht es unter anderem um die Rentenreform, die von den Geldgebern erwartet wird. Für welchen Zeitpunkt rechnen Sie mit einem Abschluss der Gespräche?
Wir arbeiten darauf hin, dass wir bis zu den nächsten Treffen der Euro-Gruppe Ende April fertig sind.

Welche Linie verfolgen Sie bei den Verhandlungen über die Rentenreform?
Uns geht es unter anderem darum, dass es nicht zu weiteren Rentenkürzungen kommt. Die Renten sind im Verlauf der letzten fünf Jahre um 40 Prozent gekürzt worden. Bei der Rentenreform geht es um eine groß angelegte Erneuerung. Wir wollen nicht einfach nur das Ziel erreichen, die Ausgaben für die Rentensystem um ein Prozent der Wirtschaftsleistung zu kürzen. Statt dessen haben wir mittel- und langfristig eine Reform ausgearbeitet, mit deren Hilfe das Rentensystem nachhaltig funktionieren wird.
In der Vergangenheit krankte das Rentensystem in Griechenland daran, dass Zahlungen an die Senioren dazu dienten, ganze Familien und insbesondere junge Menschen über Wasser zu halten.
Stimmt – das liegt daran, dass der Wohlfahrtsstaat ist bei uns nicht so üppig ausgestattet wie in anderen anderen EU-Staaten. Wir versuchen nun, die Sozialleistungen zu verbessern. Wir haben schon eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um diejenigen zu unterstützen, die vom Armutsrisiko betroffen sind – etwa durch Essensmarken und Hilfen bei der Stromversorgung. In Absprache mit den Geldgebern bereiten wir zudem für den Beginn des kommenden Jahres eine größere Reform vor, die Zuwendungen für jene vorsieht, die weniger als den Mindestlohn verdienen.
Unter den Geldgebern stellt besonders der der Internationale Währungsfonds (IWF) weit gehende Reformanforderungen. Andererseits drängt er auf einen Schuldenschnitt für Griechenland. Soll der IWF bei der Troika an Bord bleiben?
Laut der Vereinbarung mit den Gläubigern vom vergangenen Sommer spielt der IWF die Rolle eines technischen Beraters. Unsere Haltung ist folgende: Erst werden die laufenden Verhandlungen abgeschlossen, und dann beginnt die Diskussion über die Tragfähigkeit unserer Schulden. Und je nach Ausgang dieser Diskussionen wird die Entscheidung dann beim IWF liegen, ob er an Bord bleibt oder nicht.
Sind Griechenlands Schulden denn tragfähig?
Wenn Sie sich die Grafik mit unseren Rückzahlungsverpflichtungen nach 2020 anschauen, dann werden Sie feststellen, dass es drei, vier Jahre mit extrem hohen Summen gibt – unter anderem im Jahr 2023. In diesen Jahren muss man etwas am Rückzahlungsprofil ändern.
Braucht Hellas einen Schuldenschnitt?

Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, über die geredet werden muss. Möglicherweise steht ein Schuldenschnitt nicht auf der Agenda. Aber es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, mit deren Hilfe die Schulden tragfähig werden. Alle Beteiligten arbeiten derzeit an möglichen Lösungen, die uns einerseits zu einer langfristigen Stabilität verhelfen und andererseits von allen Beteiligten akzeptiert werden. Dazu zählen eine Verlängerung der Laufzeit einzelner Kredite und der Rückzahlungsfristen, die Höhe der Zinsen oder eine Anpassung der Rückzahlungshöhe an die Wachstumszahlen in Griechenland.
Das Gespräch führte Albrecht Meier.

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