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Griechischer Grenzzaun: Türkei: Mauern sind uneuropäisch

Die türkische Regierung hat die Pläne des Nachbarn Griechenland für den Bau eines Zauns an der gemeinsamen Grenze als unnütz und uneuropäisch kritisiert.

Anstatt neue Mauern und damit eine „Festung Europa“ zu errichten, sollte Griechenland seine Politik auf „europäischen Grundwerten“ aufbauen, sagte der türkische Europa-Minister Egemen Bagis am Donnerstag dem Tagesspiegel in Istanbul. Es war die erste Reaktion Ankaras auf die Pläne der Athener Regierung für den Bau eines Zauns an einem 12,5 Kilometer langen Streifen der griechisch-türkischen Landgrenze. Griechenland will damit den Ansturm von Flüchtlingen aus Asien, Afrika und Nahost eindämmen, die über die Türkei nach Europa wollen.

Als Transit- und zugleich auch Zielland für Flüchtlinge habe die Türkei Verständnis für Maßnahmen gegen die illegale Migration, sagte Bagis. Doch ein Zaun oder eine Mauer seien keine Lösung. Falls die von Athen geplante Barriere überhaupt jemals funktionstüchtig werde, dürfte sie lediglich zu einer Verlagerung der Flüchtlingsströme in andere Mittelmeerstaaten sowie nach Russland, Moldawien und die Ukraine führen. Möglicherweise werde der Zaun die Entstehung „neuer illegaler Sektoren“ sowie Ressentiments in der türkischen Bevölkerung fördern.

Gebraucht werde vielmehr ein rationales, gemeinsames und auf Langzeitwirkung ausgerichtetes Herangehen. In diesem Zusammenhang verwies Bagis auf das sogenannte Rückübernahmeabkommen zwischen der Türkei und der EU. Mit dem Abkommen will sich die Türkei verpflichten, Flüchtlinge, die über ihr Territorium nach Europa gelangen, wieder aufzunehmen. Der Vertrag ist eine Bedingung der EU für die Aufhebung des Visumszwangs mit der Türkei. Das Abkommen ist unterschriftsreif; nach türkischen Angaben wird der Abschluss aber durch Differenzen innerhalb der EU verzögert.

In dem Tagesspiegel-Interview verwies Bagis, der türkische Verhandlungsführer bei den EU-Beitrittsgesprächen seines Landes, auch auf europäische Grundwerte. „Die Geschichte des Kontinents zeigt überdeutlich, dass Europa nicht für den Bau von Mauern und Zäunen steht“, sagte er. „Im Gegenteil: Europa steht dafür, Mauern einzureißen und Brücken zu bauen.“

Die griechische Regierung erwägt überdies, illegale Migranten in schwimmenden Auffanglagern zu internieren, bis über sie entschieden ist. Der griechische Minister für Bürgerschutz, Christos Papoutsis, nannte dies im Interview mit einer Internetzeitung als Möglichkeit. In den Niederlanden gibt es nach Angaben von Amnesty International bereits seit 2007 schwimmende Lager für Asylbewerber. Bürgerschutzminister Papoutsis sagte, bisher sei keine Entscheidung gefallen. Es gebe noch ungelöste Probleme wie die hohen Kosten des Transfers von schwimmenden Unterkünften nach Griechenland. Auch müsse zunächst geprüft werden, wo die Schiffe andocken könnten. Im vergangenen Jahr kamen rund 130 000 illegale Einwanderer nach Griechenland, die meisten aus der Türkei. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex kommen etwa 90 Prozent aller illegalen Einwanderer über Griechenland in die EU.

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