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Großbritannien: CIA-Folterbericht setzt auch London unter Druck

Der CIA-Folterbericht des US-Senats hat in London eine Debatte entfacht, inwieweit britische Geheimdienste involviert waren und was britische Politiker wussten. Parlamentarier fordern sogar, Ex-Premier Tony Blair erneut zu vernehmen.

Wegen des CIA-Folterberichts werden in London auch Rufe nach einer unabhängigen richterlichen Untersuchung wurden wieder laut. Parlamentarier fordern sogar Ex-Premier Tony Blair und Jack Straw, der in den fraglichen Jahren Außenminister war, erneut zu vernehmen. „Wenn britische Geheimdienstmitarbeiter bei Folterungen anwesend waren, sind sie mitschuldig, da gibt es keinen Zweifel“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Parlaments, Sir Malcolm Rifkind am Sonntag in der BBC. Dabei bezog er sich auf eine Äußerung des früheren Sicherheitsministers und Admirals Lord West, „in vereinzelten Fällen“ seien britische Geheimdienstler vielleicht bei Folterungen anwesend gewesen.

Rifkinds Ausschuss fordert von den USA die Übergabe aller Informationen über die britische Rolle bei „brutalen“ Behandlungen und Folterungen im Rahmen des „War on Terror“. Aus der öffentlichen, 500 Seiten langen „Zusammenfassung“ des 6000-Seiten-Geheimberichts waren Verweise auf Großbritanniens Rolle herausredigiert. Nach ersten Dementis gaben die Briten zu, dass sie die USA ersucht hatten, gewisse Passagen aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ zu unterdrücken. Rifkinds Ausschuss will dazu am Montag Innenministerin Theresa May befragen.

Mehrere Fälle von Folterungen unter Beteiligung britischer Geheimdienste sind bereits gerichtskundig. Die libyschen Dissidenten, Abdel Hakim Belhadj und Sami al Saadi klagten vor Gericht, sie seien 2004 von britischen Geheimdiensten mit Wissen von Jack Straw an das Gaddafi-Regime zur Folterung ausgeliefert worden. Al Saadi einigte sich mit der britischen Regierung außergerichtlich. Berichten zufolge erhielt er 2,2 Millionen Pfund. Der im Mai von den Amerikanern nach siebenjähriger Haft in Afghanistan ohne Gerichtsverfahren freigelassene Pakistaner Yunus Rahmatullah behauptet, vom britischen Geheimdienst gefoltert worden zu sein. Zudem befasst sich der Internationale Gerichtshof in Den Haag mit Foltervorwürfen gegen Angehörige der Streitkräfte in Dutzenden von Fällen.

2008 musste der damalige Außenminister David Miliband frühere Versicherungen der Regierung zurücknehmen, wonach es in dem von Großbritannien an die USA vermieteten Luftwaffenstützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean keine Folterungen und keine sogenannten außerordentlichen Auslieferungen gegeben habe. Nun wächst der Druck, die Vermietung an die USA nicht zu verlängern, bevor die Nutzung des Stützpunktes geklärt ist. Umstritten ist aber, wie ernst die Briten es mit der Aufklärung meinen und ob Rifkinds Ausschuss das richtige Gremium für eine Aufklärung „ohne Furcht und Begünstigung“ ist, wie er gelobt. Der Ausschuss erhielt seine Rolle, nachdem ein bei einem ehemaligen Richter, Sir Peter Gibson, bestellter Bericht über „außerordentliche Auslieferungen“ abgebrochen wurde, angeblich weil er mit parallel laufenden Ermittlungen der Polizei kollidiere. Gibson scheiterte am Konflikt zwischen der von Menschenrechtsanwälten geforderten Transparenz und der von den Geheimdiensten geforderten Geheimhaltung von Quellen und Methoden.

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