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Große Koalition: Annäherung auf der Zielgeraden

Knapp eine Woche vor dem voraussichtlich entscheidenden Koalitionsgipfel zur Gesundheitsreform haben sich SPD und Union in wesentlichen Punkten angenähert. Die Reform soll teilweise durch Steuern finanziert werden.

Berlin - Bei einem Spitzentreffen der Koalition am Sonntagabend im Kanzleramt wurden nach Angaben von Beteiligten die Weichen für den Einstieg in eine teilweise Steuerfinanzierung des Gesundheitssystems gestellt. Diese könnte ab 2008 schrittweise eingeführt werden und bis zu 24 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Auch im strittigen Punkt der Einbeziehung der Privaten Krankenversicherung (PKV) in die Finanzierung ist offenbar ein Kompromiss in Sicht.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte am Montag zur Frage der Steuerfinanzierung: «Ja, wir haben uns da gestern geeinigt.» Die SPD wolle die Beiträge zur Krankenversicherung stabil halten oder absenken. Daher sei es eine «gute Entscheidung», künftig einen Teil über Steuern zu finanzieren. Ziel sei es, «alle in diesem Land» an der Finanzierung zu beteiligen.

Eine Steuerfinanzierung von bis zu 45 Milliarden Euro im Jahr steht laut Schmidt nicht mehr zur Diskussion. Bei der Mitversicherung von Kindern gehe es um 16 Milliarden Euro, bei allen «familienpolitischen Leistungen» um insgesamt 24 Milliarden Euro. «Das ist der Spielraum, über den wir reden.»

CSU-Chef Edmund Stoiber betonte, eine mögliche Steuerfinanzierung der Gesundheitsreform werde deutlich niedriger ausfallen als bislang von der SPD gefordert. Die SPD-Pläne für Steuererhöhungen von 45 Milliarden Euro seien «mit dem steuerpolitischen Profil der Union unvereinbar», betonte der bayerische Ministerpräsident. «Ich glaube, das ist von unserem Koalitionspartner verstanden worden.»

Merkel: Bürgern wird nicht in die Tasche gegriffen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trat derweil dem Eindruck entgegen, die Bürger würden mit der geplanten Gesundheitsreform übermäßig belastet. «Es geht in keinem Fall darum, den Bürgern in die Tasche zu greifen.» Die Versicherten müssten wissen, dass mit ihrem Geld sparsam umgegangen werde, unterstrich Merkel. «Hauptteil» der Reform seien Strukturveränderungen, Einsparungen und die Einführung von mehr Wettbewerb.

Zur Einbeziehung der PKV sagte Schmidt: «Die werden ihren Beitrag leisten müssen.» Die Koalition sei auf dem Weg, eine Versicherungspflicht für alle einzuführen. Dies bedeutet für die Privatversicherungen, «dass sie jeden aufnehmen müssen».

Die Spitzenrunde erteilte der Koalitionsarbeitsgruppe Gesundheit sowie dem Finanz- und dem Gesundheitsministerium Prüfaufträge, um verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten durchzurechnen. Übereinstimmend hielten die Beteiligten am Ziel fest, am kommenden Sonntag die Eckpunkte der Reform festzuzurren. Schmidt betonte: «Wir werden es in dieser Woche schaffen.»

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) dämpfte jedoch die Erwartungen. Eine «wirklich tragfähige Reform, ein grundsätzlicher Umbau im System» sei im Rahmen der großen Koalition nicht möglich.

AOK-Chef Hans-Jürgen Ahrens warnte, bei dieser Reform müsse «Qualität absoluten Vorrang vor Geschwindigkeit» haben. Kompromisse um des Kompromisses willen, wie es sich jetzt abzeichne, dürfe es nicht geben. (Von Jan Staiger, ddp)

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