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Wie viele Geheimnisse bleiben noch? Die US-amerikanische Administration gerät nach den Enthüllungen um Überwachungen durch die NSA zunehmend unter Druck.

© REUTERS

Druck auf Obama nach Prism-Enthüllung: Große Koalition der Kritiker

Der Widerstand gegen die US-Überwachung im Internet wächst, Internetkonzerne und Bürgerrechtler drängen auf Aufklärung oder wollen die NSA verklagen. Auch Deutschland stellt Forderungen.

Nach der Enthüllung um eine großflächige Telefon- und Internetüberwachung durch die US-amerikanische National Security Agency (NSA) unter dem Namen „Prism“ macht jetzt eine ungewöhnliche Konstellation Druck auf die Obama-Administration. Führende Technologie-Giganten forderten die US-Regierung auf, sie von ihrer Geheimhaltungspflicht zu entbinden – da bekannt geworden war, dass die Internetkonzerne offenbar die Sicherheitsbehörden mit den Daten ihrer Nutzer versorgen. Aber auch vonseiten des US-Senats und des US-Kongresses kommen inzwischen kritische Fragen, ebenso wie aus dem Spektrum der Bürgerrechtsgruppen. Eine aktuelle Umfrage dagegen zeigt, dass die US-Bürger gelassen auf die Enthüllungen reagieren.

Google wandte sich in der Prism-Überwachungsaffäre an Justizminister und FBI-Direktor

Am Dienstag hatte Google bekannt gegeben, sich in einem Brief an US-Justizminister Holder und FBI-Direktor Robert Mueller gewandt zu haben. Inzwischen haben auch die Konzerne Facebook und Microsoft nachgezogen. In einem Statement von Facebook heißt es, man „bitte die US-Regierung dringend“ um die Erlaubnis, den Umfang der durch die NSA erhaltenen Anforderungen in einem Report zu veröffentlichen. Um „mit jenen, die Facebook rund um die Welt nutzen“ ein komplettes Bild der Anforderungen und wie man darauf reagiere „zu teilen“. Diese, wie auch Formulierungen, die Microsoft gewählt hat, legen nahe, dass sich die Konzerne um einen Imageschaden sorgen.

Der Entwickler des Internet-Browsers „Firefox“, Mozilla, startete unter anderem mit der Nachrichtenplattform Reddit eine Online-Kampagne unter dem Titel „Stop Watching Us“ (Hört auf, uns zu beobachten). Hier werden Unterschriften für einen offenen Brief an den US-Kongress gesammelt. Unterzeichnet hatten bis Mittwochabend etwa 50 Organisationen und eine Reihe von Firmen und Personen.

Bürgerrechtler wollen die NSA verklagen

Die große US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) hat außerdem angekündigt, die NSA zu verklagen. Als Kunde von Verizon, jener Telekommunikationsfirma, durch die die NSA-Datenanforderung enthüllt worden war, rechne man sich gute Chancen bei einer Klage aus.

Der Geheimdienstausschuss des US-Senats hat unterdessen die NSA aufgefordert, die Informationen über „Prism“ zumindest teilweise freizugeben, wie die „Washington Post“ berichtet. Die Ausschussvorsitzende Dianne Feinstein sagte demnach, sie habe die NSA-Führung darum gebeten, um mit der Öffentlichkeit besser über den Sinn der Überwachung sprechen zu können. Am Dienstag informierte die NSA den Ausschuss. Acht Senatoren, Demokraten und Republikaner, haben bereits eine Vorlage zur Freigabe von Unterlagen des zuständigen Gerichts eingebracht. Am Dienstagabend (Ortszeit) haben die Behörden auch den Kongress über die NSA-Überwachungsaffäre informiert.

Auch Deutschland bittet um Auskunft

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich an US-Justizminister Holder gewandt und „ihn um Auskunft über die Rechtsgrundlage, die Rechtsfragen und über die Praxis des Prism-Programms gebeten“. Die Liberale blockiert innerhalb der Koalition schon länger das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, mit dem – in europäischer Abstimmung – die anlasslose Speicherung der Kommunikationsdaten der Bürger in Deutschland geregelt werden soll.

Am Mittwochnachmittag sollte es eine Sondersitzung des parlamentarischen Kontrollgremiums wegen der Späh-Aktivitäten geben. „Wir wollen Aufklärung, wir wollen von der Bundesregierung wissen, was sie von Prism bisher weiß“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Oppermann (SPD). Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann, verlangt mehr Aufklärungswillen der Bundesregierung. „Nur einen Fragenkatalog zu schicken ist etwas zu wenig“, sagte er. Der Vorgang zeige „einmal mehr, dass die USA seit 9/11 Ziel und Maß verloren haben“.

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