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Politik: Große Koalition der Vernunft - wie die Union jetzt gönnerhafte Opposition spielen will

Die Union liegt im Plan, wenn sie denn einen hat. Das Wahljahr 1999 ist fast zu Ende, und die CDU hat gewonnen, was zu gewinnen war: Hessen, die Europawahl, das Saarland, Thüringen.

Die Union liegt im Plan, wenn sie denn einen hat. Das Wahljahr 1999 ist fast zu Ende, und die CDU hat gewonnen, was zu gewinnen war: Hessen, die Europawahl, das Saarland, Thüringen. Die absolute Mehrheit der SPD in Brandenburg ist gebrochen, die eigene in Sachsen wurde verteidigt, in Nordrhein-Westfalen hat sie in den Kommunen zugelegt. Fehlt nur noch Berlin.

Und dann? Kommt die Phase der gönnerhaften Opposition. Die Union will der SPD entgegenkommen, ihr helfen, das zu vollenden, was man selbst aus eigener Schuld und dann auch wegen der Blockade der SPD vor den letztjährigen Wahlen nicht in die Welt gebracht hat: Steuerreform, umfassende Haushaltskonsolidierung, Rentenreform. Dazu kommen die Verhandlungen über den Solidarpakt II, die Unterstützung für die neuen Länder über 2004 hinaus und damit auch die nicht ganz unkomplizierte Frage der künftigen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Lauter Vorhaben von immenser Bedeutung.

Entsprechend die Unions-Rhetorik: Von einer "großen Koalition der Vernunft" sprachen CDU-Chef Wolfgang Schäuble und Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe am Montag, der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber befand, die Union sei "in den großen Fragen der Nation zur Verständigung bereit". Rot-Grün ist bei wesentlichen Vorhaben auf Unterstützung aus der Union im Bundesrat angewiesen, weil dort die Mehrheit verloren gegangen ist. "Praktisch regieren wir in Deutschland mit", sagte Rühe. Das Verhalten der Union entspringt jedoch nicht nur der Nächstenliebe. Die Gemengelage in der Reformpolitik sorgt dafür, dass eine Blockadepolitik nicht in Frage kommt. Länderinteressen, vor allem die ostdeutschen, stehen dem Parteiinteresse entgegen. Der sächsische Wahlsieger Kurt Biedenkopf forderte am Montag denn auch eine "solide Gesetzgebung". Biedenkopfs letztes großes Ziel ist es, die Neuregelung des Solidarpakts auf den Weg zu bringen. Dafür lässt er in seiner Staatskanzlei schon seit Monaten die Köpfe der Experten rauchen. Eine entscheidende Frage wird die Höhe der Bundesergänzungszuweisungen sein, die einen großen Teil der ostdeutschen Landeshaushalte ausmachen, aber auch den Sparnotwendigkeiten im Bundeshaushalt unterliegen - Finanzminister Hans Eichel (SPD) hat hier eine gewisse Verhandlungsmasse, um die Ost-Länder für Zustimmung bei anderen Punkten zu gewinnen.

Das Entgegenkommen der Union hat natürlich Grenzen, deren erste mit dem Datum der Landtagswahl in Schleswig-Holstein zusammenhängt. Dort will Volker Rühe im Februar Ministerpräsident werden, weswegen ein Mindestmaß an Streit mit der SPD notwendig sein wird. Jürgen Rüttgers, CDU-Spitzenkandidat im Mai in NRW, wird dann möglicherweise ein wenig das Nachsehen haben, was handfeste Streitthemen angeht.

Fast zeitgleich beginnt auch die etwas langfristiger angelegte Phase der inhaltlichen Besinnung. Stoiber hat das mit der Warnung verbunden, der "Honeymoon automatischer Siege" wegen der Schwäche der Bundesregierung gehe zu Ende. Auf eine chronische Schwäche beim Gegner will man sich nicht verlassen. "Eigene, überzeugende Konzepte" forderte Stoiber. Ein CDU-Führungsmitglied hat diese Phase leicht ironisch als den "Wettbewerb der Modernisierer" bezeichnet. Damit wäre auch die letzte Phase im Plan zur Rückeroberung der Macht im Bund erreicht: die Reise nach Jerusalem der möglichen Kanzlerkandidaten.

Hallo Sunny, war hier, komme noch einmal später. Gruß, Nicola

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