zum Hauptinhalt
Münte

© dpa

Große Koalition: Klimasturz

Die Spannungen in der großen Koalition sind nicht zu übersehen; die Tonlage der Auseinandersetzung verschärft sich und klingt verdächtig nach Wahlkampf.

Von
  • Antje Sirleschtov
  • Hans Monath

Berlin – Wenn man sich auf die Urteilskraft von Guido Westerwelle verlassen will, ist ein kurzfristiges Ende der großen Koalition noch nicht in Sicht. Zwar hat Schwarz-Rot, so die Diagnose des FDP- Chefs am Mittwoch, „das Regieren eingestellt“. Nach den Beschlüssen zu Pflegereform und Mindestlohn bewegten sich die Regierungspartner „in Richtung vorgezogene Neuwahlen“. Ein nahes Ende wollte aber nicht einmal der forsche Liberale heraufbeschwören. Er konstatierte nur: „Der Rosenkrieg hat begonnen.“

Vor allem die von schlechten Umfragewerten gebeutelten Sozialdemokraten schürten zwei Tage nach dem Spitzentreffen der beiden Regierungspartner den Knatsch in der Koalition. Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz wiederholte den Vorwurf von Vizekanzler Franz Müntefering an Bundeskanzlerin Angela Merkel, die CDU-Chefin werde ihrer Führungsaufgabe in der großen Koalition nicht gerecht, weil sie vor wichtigen Protagonisten in den eigenen Reihen kusche. Als Beispiel nannte Scholz unter anderem die ungeklärte Finanzierung der in der Gesundheitsreform verabredeten Steuerzuschüsse. Dagegen hatten Ministerpräsidenten der Union lauthals protestiert. „Führung bedeutet, dass man die Schritte, die notwendig sind, auch machen muss“, sagte Scholz am Mittwoch.

Dann gab der Fraktionsgeschäftsführer eine Probe jener dialektischen Kommunikationsstrategie zum Verhältnis von SPD und großer Koalition, die sich die Sozialdemokraten offenbar vorgenommen haben: Auf der einen Seite strich Scholz sozialpolitische Erfolge der gemeinsamen Regierung heraus, auf der anderen beklagte er die Grenzen der Regierungsarbeit, die durch die weniger soziale oder gar unsoziale Politik der Union gezogen würden. Beim Mindestlohn und anderen Vorhaben seien „Verbesserung für die Menschen erreicht worden, die es ohne die Beteiligung der Sozialdemokraten nicht gegeben hätte“ – doch das wichtige Ziel des gesetzlichen Mindestlohnes habe die Union blockiert. Und dann gelang Scholz es auch, trotz Merkel-Schelte die Atmosphäre zwischen den Regierungspartnern gegen Kritik in Schutz zu nehmen: „Ich teile nicht die Auffassung, dass wir ein schlechtes Klima in der Koalition hätten.“

Wegen der Mahnung an die Kanzlerin und des Streits um die Sicherheitsgesetze (siehe nebenstehenden Text) hieß es in der Unionsfraktion, die SPD reite „eine ganzen Serie von kleinen Attacken, um Profil zu gewinnen“. Den Streit durch eigene Beiträge aufwerten wollten nur wenige. So mahnte Laurenz Meyer (CDU) die SPD, sich über ihren eigenen Kurs klar zu werden und die Kritik an der gemeinsamen Regierung einzustellen. Es sei „völlig überflüssig und falsch“, der Bundeskanzlerin vorzuwerfen, sie agiere vorwiegend parteipolitisch. Ein solcher Vorwurf beschädige nicht nur das Ansehen der Bundesregierung, sagte Meyer. „Damit versenkt sich die SPD auch selbst.“ Schließlich habe die Koalition in den kommenden Monaten noch wichtige Aufgaben zu lösen, für die das Bündnis beider Volksparteien notwendig sei. Meyer nannte die Neuregelung der Erbschaftssteuer, die Haushaltssanierung und die Frage der Endlagerung von Kernbrennstoffen. „Ich sehe im Augenblick keine andere mögliche Koalition“, sagte Meyer. Die SPD solle sich darüber klar werden und sich „produktiv einbringen“, statt „die Ergebnisse gemeinsamer Arbeit zu beklagen“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false