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Grünen-Politiker Beck: "Die Polizei hat uns ausgeliefert"

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck ist am Samstag bei einer nicht genehmigten Kundgebung homosexueller Demonstranten in Moskau verletzt worden. Im Tagesspiegel-Gespräch erhebt Beck schwere Vorwürfe gegen die Moskauer Polizei.

Berlin - Nach seiner Verletzung im Anschluss an eine internationale Konferenz für sexuelle Minderheiten in Moskau hat der Grünen-Politiker Volker Beck die Moskauer Polizei scharf kritisiert. Bei einer Schwulendemonstration in der russischen Hauptstadt war der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag von Rechtsradikalen angegriffen und verletzt worden. Als "Lüge" habe sich anschließend die Aussage eines Polizeioffiziers herausgestellt, nicht zum Schutz der Homosexuellen-Gruppe in der Lage gewesen zu sein. Das ergebe sich aus den Bildern von dem Polizeieinsatz, sagte Beck dem Tagesspiegel. Der Grünen-Politiker kündigte rechtliche Schritte gegen die Gewalttäter und die Polizeibeamten an.

Herr Beck, Sie sind am Samstag in Moskau bei einer Kundgebung homosexueller Demonstranten von Rechtsradikalen angegriffen worden. Wie kam es dazu?

Ursprünglich sollte am Samstag in Moskau eine Gay-Pride-Parade im Anschluss an eine internationalen Konferenz für sexuelle Minderheiten stattfinden. Die Parade wurde von den Behörden untersagt. Daraufhin wurde spontan am Ende der Konferenz beschlossen, einzeln zum Grab des Unbekannten Soldaten zu gehen. Dort sollten Blumen niedergelegt werden, um ein Zeichen gegen die zunehmende faschistische Gewalt in Russland und insbesondere in Moskau zu setzen. Danach wollten wir uns gegenüber dem Bürgermeisteramt treffen. Das Grab des Unbekannten Soldaten wurde aber abgeriegelt. Deshalb hat man sich zum Bürgermeisteramt bewegt. Auf der Straße waren einige hundert Faschisten - junge Männer mit einschlägiger Haartracht und Kleidung. Diese Demonstranten schossen Leuchtraketen auf uns ab und wurden zum Teil von der Polizei gejagt.

Was geschah am Bürgermeisteramt?

Dort war zunächst keine Polizei zu sehen, aber Medien und Rechtsextremisten. Dann bildete die Polizei eine Kette hinter uns. Ich selbst habe bei Rangeleien zunächst einen Stein an den Kopf bekommen, was aber im Effekt undramatisch war. Dann habe ich versucht, hinter die Polizeikette zu kommen. Aber anstatt mich durchzulassen, schubsten die Polizisten mich nach vorne - fast in die Arme dieser Rechtsextremisten. Und dabei bekam ich noch einen Faustschlag ins Gesicht von einem Fascho, der etwas älter war als die übrigen Jugendlichen, die sich dort auf der Straße aufhielten.

Wie bewerten Sie den Einsatz der Moskauer Polizei?

Die Polizei hat friedliche Demonstranten den Rechtsextremisten ausgeliefert. Hinzu kommt, dass wir nach dem Einsatz eine Stunde lang festgehalten wurden. Anschließend entschuldigte sich ein Polizeioffizier bei uns. Er erzählte uns, dass er eigentlich damit beauftragt gewesen sei, uns zu schützen. Aber leider habe er uns aus dem Auge verloren - was sich angesichts der Bilder von dem Polizeieinsatz als Lüge herausgestellt hat.

Welche rechtlichen Schritte werden Sie einleiten?

Ich habe die deutsche Botschaft in Moskau gebeten, eine Strafanzeige gegen die Gewalttäter vorzubereiten. Auch gegen die Polizei werde ich eine entsprechende Anzeige erstatten.

Ist Russlands Politik feindlich gegenüber Homosexuellen?

Bei der russischen Politik herrscht die Stimmung, dass die Homosexuellen kein Recht auf Demonstrationen haben. Dazu kann ich nur sagen: Es ist niemand verpflichtet, die Homosexuellen zu lieben. Aber die grundlegenden Rechte nach der europäischen Menschenrechtskonvention gelten auch in Russland. Dazu gehört auch die Freiheit zur Versammlung. (Das Gespräch führte Albrecht Meier)

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