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Guantanamo: USA entlassen "Bremer Taliban"

Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz ist am Abend auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein gelandet. Viereinhalb Jahre verbrachte der jetzt 24-Jährige unter Terrorverdacht in dem Gefangenenlager.

Bremen - Der in Bremen geborene türkische Staatsangehörige war im Herbst 2001 als 19-Jähriger nach Pakistan gereist, um dort angeblich eine Koranschule zu besuchen. Kurz darauf war der gelernte Schiffbauer als mutmaßlicher Taliban-Kämpfer verhaftet worden. Vermutlich seit Januar 2002 saß er in Guantanamo ohne Anklage und Verfahren in Haft. Über die mögliche Freilassung des als "Bremer Taliban" bekannten Kurnaz war bereits seit Monaten spekuliert worden.

Zuvor hatte sich Kurnaz' Anwalt Bernhard Docke zuversichtlich geäußert, dass sein Mandat noch im August in Deutschland eintrifft. Ob Kurnaz gleich nach seinem Eintreffen nach Bremen kommen werde, hatte Docke zunächst offen gelassen. Dies sei auch abhängig von dessen Verfassung. Docke hat für Freitag eine Pressekonferenz in Bremen angekündigt. Dort werde Kurnaz aber nicht erscheinen, sagte Docke.

Das Auswärtige Amt hatte schon seit längerem Verhandlungen über die Freilassung des Bremers aus dem international stark umstrittenen Gefangenenlager geführt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) selbst hatte den Fall Kurnaz in den letzten Monaten immer wieder gegenüber US-Präsident George W. Bush angesprochen, zuletzt im Juli bei einem Treffen in Stralsund. Trotz erheblichen Drängens der US-Seite stimmte Merkel laut Presseberichten weder der geforderten Rundumüberwachung noch dem Entzug seines Passes zu. Auch die Bitte der US-Regierung, weitere Gefangene aus Guantanamo in Deutschland aufzunehmen, habe die Bundesregierung abgelehnt.

Sicherheitsbedenken

Bewegung war in den Fall gekommen, nachdem das Bundesinnenministerium im Januar ein seit 2004 für Kurnaz bestehendes Einreiseverbot aufgehoben hatte. Bei der Aufhebung des Verbots waren nach Angaben des Ministeriums bestehende Sicherheitsbedenken mit dem Umstand der langjährigen Inhaftierung von Kurnaz und dessen familiärer Anbindung in Deutschland abgewogen worden. Kurnaz' Familie lebt seit mehr als 40 Jahren in Deutschland.

Sobald Kurnaz zurück in Bremen ist, erwartet ihn ein Verfahren der Bremer Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ein entsprechendes Verfahren habe bislang nur geruht, da Kurnaz nicht greifbar gewesen sei, sagte der Bremer Staatsanwalt Uwe Picard. Nach einer Anhörung Kurnaz' werde entschieden, ob das Verfahren eingestellt oder fortgeführt werde.

Hintergrund sind die Umstände von Kurnaz Ausreise über Frankfurt nach Pakistan im Herbst 2001. Kurnaz war in Begleitung eines Mannes aus Bremen. Dieser wurde vom Bundesgrenzschutz festgehalten, weil er noch eine Geldstrafe zu leisten hatte. Ihm wurde erlaubt, bei Verwandten anzurufen, die ihm das Geld zur Verfügung stellen könnten. Bei einem dieser Telefonate hörte ein Beamter nach Angaben von Picard, wie ein Verwandter sinngemäß gesagt habe: "Dem zahlen wir kein Geld, der will gegen die Amerikaner kämpfen." Das Verfahren gegen den Begleiter von Kurnaz sei inzwischen eingestellt worden, sagte Picard. (Von Janet Binder, ddp)

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