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Politik: Härtefall ledige Mutter

Bundesgerichtshof billigt längeren Unterhaltsanspruch zu, wenn früher eheähnliche Gemeinschaft bestand

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat ledigen Müttern einen längeren Unterhaltsanspruch zugesprochen, wenn sie mit dem Vater des Kindes früher in eheähnlicher Gemeinschaft lebten. Eine Gleichstellung von ledigen und geschiedenen Müttern halten die Bundesrichter aber nicht für geboten.

Der Familiensenat des BGH sprach einer Ärztin aus Lübeck rechtskräftig 1500 Euro Unterhalt monatlich zu, bis ihre Tochter sieben Jahre alt ist. Die Medizinerin hatte sechs Jahre mit einem Zahnarzt zusammengelebt und eine gemeinsame Tochter mit ihm. Das Paar trennte sich, als das Kind etwa drei Jahre alt war. Obwohl der Unterhalt unverheirateter Mütter nach dem Gesetz auf drei Jahre begrenzt ist, erweiterte das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig den Anspruch nach der Härtefallregelung. Weil die Ärztin psychisch stark belastet sei und nur noch halbtags arbeiten könne, sei es „grob unbillig“, ihren Anspruch auf drei Jahre zu begrenzen. Der Vater versuchte ohne Erfolg, dieses Urteil vor dem BGH zu Fall zu bringen. Er verneinte einen Härtefall und wollte die Unterhaltspflicht auf drei Jahre begrenzt haben.

Der BGH bestätigte jedoch das OLG-Urteil. Allerdings stellte der Familiensenat nicht auf die Krankheit der Mutter ab, sondern auf die frühere Lebensgemeinschaft. Die Ausgestaltung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft könne im Einzelfall einen „besonderen Vertrauenstatbestand begründen“. Aus Billigkeitsgründen könne das eine Fortdauer des Unterhaltsanspruchs über drei Jahre hinaus „gebieten“.

Allerdings hält der BGH eine Gleichstellung von geschiedenen und unverheirateten Müttern im Unterhaltsrecht nicht für notwendig. Geschiedene Frauen haben bei Betreuung eines Kindes bis zu dessen achten Lebensjahr einen vollen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ex-Mann. Erst danach wird ihnen nach bisherigem Recht eine Halbtagstätigkeit zugemutet. Eine volle Erwerbstätigkeit muss erst nach dem 15. Lebensjahr des Kindes aufgenommen werden.

Dazu heißt es jetzt in der BGH-Entscheidung, eine unverheiratete Mutter könne sich nicht in gleicher Weise auf den Schutz von Ehe und Familie und die nacheheliche Solidarität berufen wie eine geschiedene. Aber das für ledige Mütter geltende Recht müsse verfassungskonform ausgelegt werden.

Damit muss nun in den konkreten Fällen stärker geprüft werden, ob elternbezogene oder kindbezogene Umstände eine Fortdauer des Unterhaltsanspruchs gebieten. Nach Auffassung des Familiensenats diskriminiert der weiterhin kürzere Unterhaltsanspruch lediger Mütter die nichtehelich geborenen Kinder nicht. Zwar habe auch eine ledige Mutter das Wahlrecht, ob sie zu Hause bleibe und das Kind selbst betreue oder berufstätig sei und die Kindesbetreuung anders regele. Sie sei aber verpflichtet, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen. Durch den gesetzlich garantierten Kindergartenanspruch ab dem dritten Lebensjahr sei ihr eine Halbtagstätigkeit möglich. Das sei bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Mutter zu berücksichtigen. (Az.: XII ZR 11/04)

Unabhängig von der aktuellen BGH- Entscheidung will das Bundesverfassungsgericht in diesem Jahr über die zeitliche Begrenzung des Unterhalts für ledige Mütter entscheiden. Zwei andere Gerichte halten die Befristung des Unterhaltsanspruchs auf drei Jahre für verfassungswidrig und haben deshalb das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.

In der Fachliteratur ist die Ungleichbehandlung seit langem hoch umstritten. Nach Ansicht der einen Seite dient der Betreuungsunterhalt nicht der Mutter, sondern dem Kind. Da nichteheliche Kinder und eheliche laut Verfassung aber den gleichen Anspruch auf Förderung haben, sei die Frist von drei Jahren für Ledige verfassungswidrig. Die andere Seite betrachtet den Betreuungsunterhalt als Zahlung an die Mutter. Geschiedene Frauen könnten sich aber auf nacheheliche Solidarität berufen. Wer aber nie verheiratet war, dagegen nicht. Die Unterschiede im Unterhaltsanspruch seien deshalb gerechtfertigt. Nach Auskunft der Gerichtssprecherin wird der Erste Senat darüber noch in diesem Jahr entscheiden.

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